Wir wollen eine grundsätzliche politisch-soziale Alternative zum neoliberalen Regime aus der gegenwärtigen Bewegung heraus entwickeln – und es gibt diese Möglichkeit, indem wir die vorhandenen Tendenzen nun artikulieren und organisieren.
1) Die Krise des Neoliberalismus gebiert ein autoritär-liberales Regime – sowie Widerstand dagegen
Die von den Herrschenden im Westen ergriffenen Maßnahmen gegen die Covid-Seuche haben die gesellschaftlichen Widersprüche, die sich über Jahrzehnte des Neoliberalismus angestaut haben, in einer neuen, unerwarteten Form zum Ausbruch kommen lassen. Zunächst schien der verhängte Ausnahmezustand, angesichts der an die Wand gemalten Bedrohung, die Eliten zu stärken. Doch schnell entstanden Unmut und auch Zweifel an den Maßnahmen – über den sozialen Schichtenbau hinweg, aber insbesondere in den unteren und ärmeren Bevölkerungsteilen, die am meisten unter dem sozialen und politischen Roll-Back des Neoliberalismus gelitten haben, genauso wie auch sie von den Lockdowns sowie der Krankheit am härtesten getroffen wurden und werden.
In typisch technokratischer Art wurde nach beschleunigter Entwicklung der Impfung diese zum Allheilmittel erklärt. Nun wird die Impfkampagne in der gleichen autoritären Weise ausgerollt und durchgesetzt wie die Lockdowns. Je weniger überzeugend die Ergebnisse sind, desto größer die Härte in der Durchsetzung, sekundiert von einem Medienapparat, der die massive Opposition in der Bevölkerung mit aller Gewalt überrollt. Kritische Fragen werden niedergebügelt, genauso wie die Erwähnung von Risken. Die Abwägung der Maßnahmen gegen ihre gesellschaftlichen Folgen ist unerwünscht und wird pauschal mit dem abschätzigen Begriff „Leugnung“ verfemt.
Als Oppositionelle haben wir die vergangenen Jahrzehnte auf die zunehmende soziale Spaltung hingewiesen, die auch mit einer Verselbständigung der politischen, intellektuellen und medialen Apparate einhergegangen ist. Die gegenwärtige antidemokratische Transformation des Systems ist ein weiterer gefährlicher qualitativer Schritt der neoliberalen Elite, die man nunmehr als autoritär-wirtschaftsliberal bezeichnen könnte. Je mehr sie die Hegemonie verlieren, desto mehr verschärft sich diese Tendenz. Beispielhaft und unvergessen die Aussage des italienischen Premiers Draghi, der den Ungeimpften gerne das Wahlrecht entziehen würde.[i] Mit öffentlicher Gesundheit hat das fürwahr nichts zu tun. Da geht es darum, einen Feind zu produzieren und ihn zu erledigen. Das führt zu einer symbolischen Überhöhung – bist Du mit dem (neoliberalen) Regime oder dagegen.
2) Verwendung linker Versatzstücke
Anders als früher legitimieren sich die Eliten nicht mehr überwiegend mit rechten Ideologien. Sie übernehmen gerne linke ideologische Versatzstücke. Obwohl diese dabei auf den Kopf gestellt werden, entfalten sie dennoch eine einbindende Wirkung. Daher die große Rolle des Linksliberalismus in der Durchsetzung des Wirtschaftsliberalismus sowie seiner globalen Vorherrschaft im Allgemeinen und auch, was die gegen die Interessen der Mehrheit gerichtete Corona-Politik betrifft. Die autoritären Maßnahmen geben vor, „Menschenleben zu schützen“. Es ist derselbe pervertierte Begriff der „Solidarität“, mit dem die Pensionen gekürzt, das öffentliche Gesundheitswesen abgebaut, der europäische Süden wirtschaftlich erdrosselt und die globale Peripherie mit Krieg überzogen wurden und werden. Nur so ist die Außerkraftsetzung demokratischer Grundrechte durchsetzbar, die Rechte allein würde das nicht schaffen. Speerspitze dabei sind die linksliberalen Medien. Die Medien überhaupt haben sich mehr als alle anderen Herrschaftsapparate von den Interessen der Mehrheit abgeschottet. Die Volksrepublik China ist dort zwar zum großen Feindbild avanciert, doch insgeheim bewundert man sie nicht nur ob des wirtschaftlichen Aufstiegs, sondern auch des kapitalistischen Autoritarismus wegen – denn Peking ist der Autor der Zero-Covid-Linie.
3) Die weniger Wohlhabenden als Geschädigte sowohl der Pandemie als auch der Maßnahmen
Gerne wird gesagt, das Virus treffe alle gleichermaßen. Das ist Unfug, der die Basis für diverse Manipulationen im Sinne der Herrschenden schafft. Es gibt einen sehr klaren und leicht nachweisbaren Zusammenhang zwischen gesundheitlichem Schaden durch Covid und sozioökonomischem Status.[ii] Es sind zunächst ganz simpel die Arbeitsbedingungen, die Wohnverhältnisse, die Möglichkeiten auf Erholung und gesunde Lebensweise, insgesamt die sehr ungleichen Entfaltungsmöglichkeiten und Lebenschancen, die einen Unterschied machen. Das Virus trifft je nach sozialer Situation unterschiedlich. Es ist wie alle Krankheiten auch von den Lebensumständen abhängig. Auch ohne Pandemie ist die Lebenserwartung von ärmeren Menschen um viele Jahre geringer als jene von Wohlhabenden[iii], ebenso das Risiko an diversen Krankheiten zu leiden. Denn Gesundheit hängt in vielerlei Hinsicht mit gesellschaftlicher Gerechtigkeit und Verteilung von Ressourcen und Macht zusammen. Es sei auch auf den ungleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung sowie deren unterschiedliche Inanspruchnahme hingewiesen, der von den Globalisierungseliten (in Europa allen voran die EU) für Ärmere systematisch verschlechtert wird, durch Abbau der öffentlichen Finanzierung und durch Privatisierung.[iv]
Erinnern wir uns wie kurz die Schlachthöfe sowie die Paketdienste zum Thema wurden, weil sich dort Infektionscluster gebildet hatten. Es hätten sich also ganz einfache und unmittelbare Maßnahmen aufgedrängt, die Verbreitung und vor allem die Schwere der Erkrankungen abzuschwächen, indem man die Bezahlung, die Arbeitsbedingungen und die Unterkünfte dieser vom neoliberalen Arbeitsregime überausgebeuteten Arbeiter verbessert hätte. Doch von dem war nicht nur keine Rede, sondern daran bestand auch kein Interesse. Noch immer betreiben in zahlreichen Sektoren Sub- und Sub-Sub-Unternehmer aus EU-Peripherieländern Lohndumping unter sklavenartigen Verhältnissen – und das ist gewollt so, denn es soll die Löhne nach unten drücken und den Billiglohnsektor aufrechterhalten und vergrößern. Der Gang der neoliberalen Globalisierung war es, zuerst die Produktionen in Billiglohnländer auszulagern, damit den Druck auf die sozialen Errungenschaften hier erhöhend, um schließlich die Dritte Welt wieder hier her zu bringen.
Insbesondere sind die unteren Schichten nicht nur Opfer von Corona, sondern ebenso und in noch größerem Ausmaß Geschädigte der autoritären Maßnahmen. Von großer Symbolkraft sind die harten Lockdowns, die sehr viele in die Arbeitslosigkeit stießen und kleine Geschäfte zugrunde richteten, Menschen – oft auch mit Immigrationshintergrund – in winzige und schlechte Wohnungen wegsperrten, und – wenn sie dies nicht mehr aushielten – von der Polizei verfolgen ließen. Man gab vor, ihnen die Lebensgrundlage dem Schutz ihrer Gesundheit wegen zu nehmen, doch tatsächlich schädigte man ihren Gesundheitszustand durch Verarmung, Bewegungslosigkeit, Isolation, Statusverlust, Depression noch mehr. Die Wohlhabenden verfügen im Allgemeinen über ausreichend Platz in ihren Wohnungen, können im Homeoffice bleiben, haben Raum für Sport und Freizeitgestaltung draußen und verlieren auch ihren sozialen Status nicht. Auch für die Kinderbetreuung im Lockdown haben sie mehr Möglichkeiten.
Ganz schlimm hat es Kinder und Jugendliche getroffen. Einerseits leiden diese besonders unter sozialer Isolation, besonders in der Pubertät. Andererseits haben die Lockdowns die Klassenunterschiede massiv verstärkt, wobei das österreichische Schulsystem schon von Haus aus eine Fabrik der Ungleichheit ist.
4) Warum – was ist der Sinn?
Wir sind überzeugt, dass man gegen Covid viel bessere Ergebnisse im Sinne der öffentlichen Gesundheit erzielen könnte, wenn tiefe Eingriffe in die Grundrechte vermieden würden, die noch dazu soziale Verwerfungen verursachen.. Warum dann diese extremen Maßnahmen? Schaden sich die Eliten damit nicht selbst?
Es ist offensichtlich, dass die Herrschenden angesichts der Bilder aus China und dann Italien selbst in Panik gerieten. Die Medien haben nach dem Muster eines US-Katastrophenfilms das „Killervirus“ in Dauerschleife über uns gegossen, angetrieben auch von der Ökonomie des Spektakels. Und wenn das Böse sogar naturalisiert werden kann, umso besser. Eine quasi außergesellschaftliche Bedrohung erfordert außerordentliche Maßnahmen – einschließlich des Zwangs. Die autoritären Rezepte aus dem Kalten Krieg waren schnell bei der Hand, selbst wenn linksliberal eingepackt. „Jeder wird Tote kennen“ warnte der populistische Kanzler Kurz[v]. Angst schüren[vi] und sich als Retter aufschwingen – was umso verlockender ist, wenn man gar nicht so fest im Sattel sitzt. Denn auch als Kurz noch ein Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte, beruhte seine Popularität doch auf einer Medienblase. Sie konnte aufgeblasen werden, weil das traditionelle Parteiensystem schon stark abgenutzt ist. Doch Blasen haben es so an sich kurzlebig zu sein.
Welche Alternativen hätten sich angeboten? Da war einerseits die Linie Trump-Bolsonaro. Diese griffen in rechter demagogischer Manier einen Impuls von unten gegen die autoritären Maßnahmen auf, wendeten ihn aber sozialdarwinistisch. Ergebnis: Die Seuche traf sozial Schwache und unterdrückte Minderheiten ebenfalls am meisten, deren Ausschluss auch schon vorher ein Herrschaftskonzept war. Soziale Forderungen, die zentraler Bestandteil zum Schutz von Gesundheit sind, werden damit abgeblockt. Boris Johnson hatte anfangs auch mit dieser Linie geliebäugelt, doch nach wenigen Wochen knickte er gegenüber den Medien ein. Diese Linie wäre also herrschaftsdestabilisierend gewesen. Besser also das Problem nicht wegzureden, sondern es aufzublähen und die Maßnahmen zum Erhalt der Herrschaft umzulenken.
Dann war da noch das einsame Schweden, das es im Wesentlichen mit Aufrufen bewenden ließ. Die Ergebnisse sind nicht viel anders als in den westeuropäischen Ländern, jedoch ohne die großen demokratischen und sozialen Schäden. Das gelang, weil die staatlichen Behörden überwiegend das Vertrauen der Bevölkerung genießen, die Hegemonie also noch nicht weg ist. Das erlaubte es den Behörden auch, sich nicht von den Medien die Maßnahmen aufzwingen zu lassen. Doch darf man nicht die Augen davor verschließen, dass auch dort der Neoliberalismus gewütet hat und vor allem die Alten nicht geschützt werden konnten – so schwer das auch überhaupt sein mag.
Was ist nun also der Grund für die in den reichen Ländern fast einheitliche Antwort?
Das Katastrophenszenario wurde zum Selbstläufer in allen Herrschaftsapparaten. Die Wissenschaften geben ihre Antworten für ihr Fachgebiet und neigen dazu, die unvermeidliche Spezialisierung zu gesellschaftlichen Scheuklappen zu verfestigen. Die Nähe zur Industrie bevorzugt nicht nur die Technik, sondern führt zum Technizismus. Man darf nie vergessen, dass der Wissenschaftsapparat, trotz aller der Wissenschaft selbst geschuldeten Freiheiten, den herrschenden Eliten dient. Die bereits geschwächte Pluralität der Wissenschaft mit ihren Disputen, wird dann von den Medienapparaten der Politik gänzlich zur Einheitsmeinung kristallisiert – alle Kritiker seien unwissenschaftlich und Leugner – früher hätte man vielleicht Ketzer gesagt.
Da braucht man nicht einmal die direkten Interessen von Big Pharma bemühen – die sich über klingende Kassen auf Kosten der Staaten freuen können.
Da Gelegenheit Diebe macht, nutzten die neoliberalen Eliten die Situation, um ihre unter Hegemonieverlust leidende Herrschaft weiter autoritär zu panzern. Der schwedische Weg schien zu gefährlich. Zudem, wirklich wirkungsvolle Maßnahmen zur Linderung der Gesundheitskrise hätten zentrale Pfeiler der neoliberalen Herrschaft in Frage gestellt, wie zum Beispiel das Arbeitsregime. Je mehr sich die autoritären Maßnahmen als wenig sinnvoll herausstellen, desto mehr wird das Festhalten am produzierten Narrativ zur Frage des Machterhalts. Eine Korrektur wäre nur unter politischen Verwerfungen und Einflussverlust möglich.
5) Unverhältnismäßigkeit der Bedrohung
Wichtiges Element der Manipulation ist die Homogenisierung der Bedrohung durch Covid. Tatsächlich ist die Betroffenheit höchst unterschiedlich. So sind es überwiegend sehr alte sowie Menschen mit Vorerkrankungen, die an und mit Corona sterben oder schwer erkranken. Es gibt einige Krankheiten und Seuchen (ansteckend oder auch nicht), die ähnliche oder auch erheblich mehr Schäden anrichten. (Hier eine vergleichende Studie über die „Krankheitslast“ im deutschen „Ärzteblatt“.)[vii] Oft hängt die Betroffenheit mit schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen zusammen und ist sozial sehr ungleich verteilt. Umweltbedingungen wie schlechte Luft, die bei Corona ebenfalls eine Rolle spielen, oder auch der ausufernde Autoverkehr, beeinträchtigen die öffentliche Gesundheit ebenso erheblich, genauso wie rein soziale Faktoren. Der springende Punkt: Bei keinem anderen Problem der öffentlichen Gesundheit wird mit ähnlich drastischen Mitteln vorgegangen, obwohl die (Un)kosten dafür viel geringer wären.
Ganz extrem kann man dieses Missverhältnis beim Herangehen an die armen Länder der Peripherie sehen. Da kursieren Malaria, Tuberkulose und vor allem auch Hunger – und bei uns wundert man sich, warum dort so wenige an Corona sterben. Man macht sich Sorgen um geringe Impfraten – dass es für viele kein sauberes Wasser gibt, kümmert kaum.
All das nennen wir unverhältnismäßig.
Die Linie der Herrschenden war es, die Bedrohung mittels Hervorhebung von Einzelschicksalen auf jüngere und sogar auf Kinder auszudehnen. Die Grippe scheint für Kinder und junge Menschen eine gefährlichere Erkrankung, während Ältere von Covid mehr zu befürchten haben.[viii] (Dass in vielen Ländern das totgekürzte Krankenhaussystem regelmäßig bei Grippewellen an seine Kapazitätsgrenzen stieß, kümmerte die Neoliberalen wenig.) Tödliche Verkehrsunfälle, Ertrinken und Selbstmorde stellen für Menschen bis 18 jedenfalls eine um ein Mehrfaches häufigere Todesursache dar, was statistisch nachweisbar ist.[ix] Vermutlich gilt es für Bewegungsmangel ebenso, was aber nicht so ohne Weiteres zu quantifizieren ist.
Zudem wurde die Übertragung durch alle Bevölkerungsgruppen in Anschlag gebracht, wobei es bis heute nicht eindeutig geklärt ist, wie stark asymptomatische Infektionen zur Verbreitung beitragen.
Es drängt sich jedenfalls als das gelindere Konzept auf, die Vulnerablen zu schützen (ohne sie komplett zu isolieren) sowie extrem widrige Lebens- und Arbeitsbedingungen, die zur Verbreitung beitragen, zu verbessern, anstatt autoritäre, sozial schädliche Maßnahmen der gesamten Bevölkerung aufzuzwingen.
6) Die ganze Gesellschaft wegsperren
Die Lockdowns und alles, was mit ihnen verbunden war, hatten und haben jedenfalls katastrophale Wirkung auf die Gesellschaft und insbesondere auf die jüngeren und ärmeren Gruppen. Isolation ist unmenschlich und macht krank, genauso wie (geschürte) Angst die menschlichen Beziehungen zerrüttet und die Gesellschaft spaltet. Die dauerhaften Schäden sind enorm und kaum abzusehen – die unglaublich gestiegene Zahl an psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Jugendlichen, sei nur ein Indikator.
Eindeutig sind auch die sozialen Folgen zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, Einkommensverlust, Geschäftsentgang usw., die weniger Wohlhabende überproportional trafen und auch weniger durch den Staat ausgeglichen wurden.
Indes ist die epidemiologische Wirksamkeit der Lockdowns nicht so klar erwiesen (oft wurden diese verordnet als die Infektionskurven schon wieder abklangen), es sei denn, sie kommen einer Gefängnissituation gleich – man erinnere sich an die von außen verschweißten Türen in China[x]. Der ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer, hat das sehr richtig zum Ausdruck gebracht: „Den Virologen wäre es am liebsten, wenn jeder einzelne Salzburger und Österreicher in ein Zimmer eingesperrt ist, weil da kann er sich nicht anstecken und er kann niemanden infizieren. Er wird halt dann leider aus Depression sterben oder verhungern oder verdursten.“ Dafür wurde er medial gekreuzigt und musste die Aussage zurückziehen.
Jedenfalls sind die Lockdowns unverhältnismäßig und das nach unten hin sogar noch in einem größeren Ausmaß. Sie schaden der öffentlichen Gesundheit mehr, während ihr Nutzen zweifelhaft bleibt. Sie werden so zum Herrschaftsinstrument, nunmehr insbesondere gegen Ungeimpfte gerichtet.
7) Gegen Junge
Die systematische Anklage von Jugendlichen und Kindern, sie seien die Treiber der Pandemie und würden die Vulnerablen leichtfertig gefährden, gehört zu den infamsten Aspekten der Elitenpolitik. Man beschränkte nicht nur den Aufenthalt im Freien, Massensport und Bewegung, Sozialität, sondern man sperrte monatelang auch die Schulen zu – mit unglaublichen psychosozialen Folgen. Nun setzt sich das mit dem sozialen Ausschluss von ungeimpften Kindern fort. [xi] So umstritten die epidemiologische Rolle von Kindern ist, die gesellschaftlichen Schäden sind in jedem Fall größer als ein etwaiger Nutzen der Maßnahmen, insbesondere natürlich auch in den unteren Schichten. Man erinnere sich wie im Lockdown die Polizei besonders migrantische Jugendliche jagte und mit Strafen eindeckte, weil sie es in ihren winzigen Wohnungen nicht aushielten. Auch in diesem Bereich widerspiegeln die Maßnahmen einen Aspekt der Klassenherrschaft. Der öffentlichen Gesundheit sind sie jedenfalls alles andere als zuträglich.
8) Allheilmittel Impfung
Auf der Bühne erscheint: die Impfung! Die Eliten hatten in ihrer technokratisch-wissenschaftsverherrlichenden Art alles auf diese Lösung gesetzt, um an den gesellschaftlichen Strukturen, die die Verbreitung der Krankheit fördern und ihre Behandlung erschweren, nichts ändern zu müssen. Zudem haben sie dabei gleich eine für Massenimpfungen unerprobte Technologie zum Einsatz gebracht. Von Risikoabwägung war öffentlich wenig zu hören. Denn wenn die Bedrohung so überhöht wird, erübrigt sich die Gegenüberstellung. Gegen das Quasi-Absolute lässt sich nichts abwägen. Indes ist es methodisch geboten, Risiken anzunehmen, auch wenn sie noch nicht manifest sein sollten – es gibt jedoch viele Stimmen, die auch von konkreten Problemen berichten, die wir jedoch nicht abschließend bewerten können. Einen Vertrauensvorschuss hat Big Pharma jedenfalls nicht verdient. Es sei daran erinnert, wie lange es gedauert hat, die Pharmaindustrie mit ihren Profitinteressen in die Schranken zu weisen und öffentliche Kontrollen zu etablieren (Stichwort Contergan). Mit den vorläufigen Schnellzulassungen sind die vorgeschriebenen Schritte teleskopiert worden. Man hat die Pharmafirmen aus jeder Haftung entlassen. Auch der Irrweg Atomkraft kommt einem in den Sinn und wie diese von der Wissenschaft mit Zähnen und Klauen verteidigt wurde. Es ist nicht Wissenschaftsfeindlichkeit, wenn gegenüber neuen Technologien Skepsis herrscht, zumal wenn sie mittels eines Ausnahmezustands durchgesetzt werden. Skepsis ist rational, wie auch wissenschaftlich geboten.
Die Impfung wurde jedenfalls als Game-Changer angekündigt, die man im autoritären Kolonialstaat Israel, bekannt für seine Technologien der „crowd control“ (polizeiliche Techniken vor allem gegen politische Opposition) im Großversuch erprobte. Schnell stellte sich heraus, dass von steriler Immunität keine Rede sein konnte. Der Schutz vor Übertragung ist gar nicht in der Produktspezifikation enthalten. Zudem lässt auch die Schutzwirkung gegenüber schwerer Erkrankung sehr viel schneller als erhofft nach, so dass eine dritte Nachimpfung verordnet wurde – und es niemanden wundern sollte, wenn regelmäßige Nachimpfungen („Boostern“) als dauerhaft notwendig deklariert würden.[xii]
Die bisher erreichten Impfraten unterscheiden sich in den unterschiedlichen Ländern erheblich. Eine dämpfende Wirkung auf den Krankheitsverlauf scheint laut verfügbaren Studien nachweisbar zu sein, doch das Ausmaß ist nicht klar – jedenfalls schützen auch sehr hohe Impfraten nicht vor Infektionswellen, auch wenn sie weniger stark ausfallen mögen.
Nebenwirkungen wie Thrombosen und Herzmuskelentzündungen werden zwar eingeräumt und in einigen Ländern gewisse Impfstoffe für bestimmte Altersgruppen zurückgezogen. Industrie und Politik behaupten weiterhin, dass unerwünschte Wirkungen vernachlässigbar wären. Wir wollen und können nicht das Gegenteil behaupten, aber plädieren für mehr Vorsicht. Es scheint plausibel, dass Nebenwirkungen bald nach der Impfung auftreten. Das heißt aber noch nicht, dass sie ebenso bald erfasst werden können. Der Erhebungsapparat[xiii] scheint nicht die Qualität und die Unabhängigkeit zu haben, die nötig wären, um die Behauptung der Vernachlässigbarkeit zu erhärten – vor allem fällt die Risiko-Nutzen-Abwägung bei unterschiedlichen Gruppen unterschiedlich aus.
Die Diskriminierung und Abwertung der durch Krankheit erworbenen Immunität, die auch von den meisten Mainstream-Wissenschaftlern als der Impfung überlegen angesehen wird, spricht Bände einerseits über den Technikfetischismus, andererseits über die enorme politische Bedeutung, die der Impfkampagne beigemessen wird. Noch immer wird die Impfung als Weg aus der Pandemie propagiert, obwohl selbst einer der gewichtigsten Vertreter der Impfkampagne, der WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagt: „Kein Land kann sich einfach aus der Covid-19-Pandemie herausimpfen.“[xiv]
Zuletzt kam noch die schwächere Wirkung der Impfung gegenüber der neuen Omikron-Variante. Die Reaktion der Herrschenden – noch mehr des Drucks!
9) Impfpflicht als Machtprobe
Die Tatsache, dass die Pandemie entgegen den Versprechungen durch die Impfung nicht beendet werden kann, lassen die Eliten die Impfkampagne mit immer größerer Unerbittlichkeit ausrollen. Schon wieder wird ein Indikator überhöht. Zuletzt war es die Inzidenz, ein zuvor der breiten Masse ungekannter Begriff. Nun ist es die undifferenzierte Impfrate. Da die Impfung dämpfend, insbesondere auf schwere Erkrankung wirkt, müsste doch folgerichtig die Impfrate vor allem bei den Vulnerablen am wichtigsten sein. Diese Differenzierung spielt aber wieder keine Rolle. Nach wie vor wird mit der Verbreitung des Virus argumentiert, doch die Infektionswellen kommen und gehen ungeachtet der Impfraten. Der eigentlich wichtige Indikator sind die Hospitalisierungen. Auch die bewegen sich in Wellen und scheinen trotz mutmaßlich hoher Impfraten bei Vulnerablen das Gesundheitssystem punktweise an seine Grenzen zu bringen. Es stellt sich also die Frage nach der Wirksamkeit der ganzen Impfkampagne oder aber nach den unzureichenden Kapazitäten des Gesundheitswesens.
Die Eliten erheben die Steigerung der Impfquote zum obersten politischen Ziel, obwohl das gesundheitspolitisch, wie dargestellt, nicht überzeugt oder zumindest einseitig ist. Sie transformieren das Impfen in katastrophaler Weise zu einer Machtfrage. Der Feind ist ausgemacht, die Ungeimpften, die logischerweise vor allem aus Gesunden, Jüngeren und Kindern bestehen, die nun in ihrer vermeintlich rücksichtslosen Vergnügungssucht als unsolidarisch bekämpft und mit einem Dauerlockdown bestraft werden. Noch schlimmer: die Impfplicht wird damit sogar zu einer Art Plebiszit. Sie räumen den Gegnern ihrer Politik der unterschiedlichsten Couleurs und Motivationen nur eine einzige Möglichkeit ein, sich zu wehren, nämlich sich bei der inszenierten Abstimmung mit der Injektionsnadel zu verweigern. Also dem Gegenteil dessen, was sie vorgeben, erreichen zu wollen – mit Volksgesundheit hat das nichts mehr zu tun. Auch darum sind wir für die Wahlfreiheit, denn für die gefährdeten Gruppen hat das Impfen Sinn. Mit politischem Zwang überzeugt man aber nicht, im Gegenteil, die Behörde macht sich unglaubwürdig.
10) Gründe zur Aussetzung der Selbstbestimmung über den eigenen Körper nicht ausreichend
Je kränker und älter, desto klarer überwiegt beim Impfen der Nutzen mögliche Risiken. Wo der Schnittpunkt liegt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein sehr hohes Gut und Grundrecht, genauso wie die körperliche Unversehrtheit, in der sich so manche verletzt fühlen. Es kann viele Gründe geben, sich nicht impfen zu lassen – gute wie schlechte, das sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Um eine Zwangsimpfung zu verordnen, muss man bombensichere, völlig unabweisbare Gründe vorweisen können. Sowohl was die Bedrohung durch das Corona-Virus betrifft, als auch was die Wirksamkeit der Impfung und die damit verbundenen Risiken anbelangt, kann davon keine Rede sein. Die Zwangsimpfung wird so zur politischen Entmündigung, ja zur Nötigung.
Die Skepsis gegenüber der Impfung selbst kann sehr viele und sehr unterschiedliche Quellen haben. Bei einem Teil reflektiert es ein Misstrauen gegenüber den herrschenden Eliten und ihren Apparaten, insbesondere den Medien und auch der Wissenschaft. Das bedeutet nicht notwendigerweise die unterstellte Wissenschaftsfeindlichkeit, sondern zunächst einmal die Vermutung ihrer Interessenbestimmtheit – die zweifellos gegeben ist –, während die Behauptung der Objektivität zu jeder klassisch apologetischen Herrschaftsideologie dazu gehört. Distanz zu den neoliberalen Eliten ist nicht notwendigerweise progressiv, aber sicher ein Ausgangspunkt dafür. Mit der Impfpflicht tun die Eliten alles, um diese Abwendung zu befördern. Unsererseits soll diese Ablehnung in ein Projekt einer solidarischen Gesellschaft gelenkt werden, die die Beseitigung der neoliberalen Herrschaft erfordert.
11) Schwedischer Ansatz
Der vernünftigste Ansatz im Rahmen des gegenwärtigen Systems ist der schwedische, der überwiegend auf Freiwilligkeit setzte und keine Einschränkungen verordnete, die die öffentliche Gesundheit gefährden. Die Schwächen lagen vor allem daran, dass Abbau und Privatisierung der Altenversorgung einen Schutz der vulnerablen Gruppe nicht ermöglichten. Natürlich fehlen auch weitergehende soziale Maßnahmen, was die Arbeits- und Wohnbedingungen der ärmeren Bevölkerungsschichten betrifft. Zwar ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, doch eines ist jetzt schon klar: Schlechtere Ergebnisse weist Schweden nicht auf, aber die sozialen und politischen Schäden hat sich die Gesellschaft erspart. Insgesamt setzen die skandinavischen Länder mehr auf Vertrauen in die Bevölkerung, mehr Ehrlichkeit, gaben mehr Risikoinformation und lassen die Kinder so gut wie möglich in Ruhe.
12) Öffentliches Gesundheitswesen stärken
Ein unfassbarer Skandal ist der Abbau und der politische Missbrauch des öffentlichen Gesundheitswesens. Nachdem Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus wenig fruchten, außer mit extremen gesellschaftlichen Unkosten, bleibt das allerwichtigste Mittel die Behandlung der schwer Erkrankten.
Der Abbau des öffentlichen Gesundheitswesens ist eines der Hauptziele des Neoliberalismus – nicht umsonst hat die EU-Kommission jedes Jahr Briefe verschickt, dass weiter zugesperrt, abgebaut – insbesondere Personal –, privatisiert werden muss. Dabei geht es um zwei Dinge: einerseits die öffentlichen Ausgaben zu kürzen, um die Armen ärmer zu machen und auf sie Existenzdruck zu erzeugen; und andererseits direkt das Arbeitsregime zu verschärfen, den Druck auf die Arbeitenden zu erhöhen, ihren Anteil am Volkseinkommen zu senken. Die Effizienzsteigerung würde langfristig den allgemeinen Wohlstand heben, so die Behauptung – wir haben im Rahmen der Globalisierung gesehen, wie wenig das stimmt. Jedenfalls zeigt sich gerade im öffentlichen Gesundheitswesen das Wüten des neoliberalen Regimes. Schon vorher waren die Arbeitsbedingungen katastrophal und es gab keinerlei Interesse bei den Eliten, da Abhilfe zu schaffen.
Auch in zwei Jahren Pandemie hat sich am Arbeitsregime und der Personalsituation nichts geändert. „Es ist kein Personal zu bekommen.“ Doch es liegt auf der Hand, dass man mittels besserer Bezahlung sehr schnell erfahrene MitarbeiterInnen mobilisieren könnte, was es wiederum ermöglichen würde, die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Statt das zu tun, zeigt man lieber auf die Ungeimpften als die Schuldigen. Allein wegen dieses Zynismus müssen diese neoliberalen Eliten weg.
Das Krankenhaus ist der zentrale Hebel, die liberal-demokratische Bewegung gegen die unverhältnismäßigen Covid-Maßnahmen mit klassischen sozialen und gewerkschaftlichen Forderungen zu verbinden. Darum sind jegliche Attacken auf das Gesundheitspersonal strikt abzulehnen und kontraproduktiv.
13) Gesamtheitlicher Gesundheitsbegriff
Es bedarf eines anderen Begriffs der öffentlichen Gesundheit wie der Gesundheit überhaupt. Die Art und Weise, wie gegen Corona vorgegangen wird, ist zutiefst vom Charakter des neoliberalen Regimes geprägt. Es wird ein medial-propagandistisch nutzbarer Teilaspekt herausgegriffen und überhöht, dagegen dann eine technokratische Lösung autoritär durchgesetzt und Opposition als asozial verfolgt. Gesundheit in einem umfassenden Sinn interessiert dabei überhaupt nicht. So ist es kein Zufall, dass gerade in Österreich Lebenserwartung und gesunde Lebenserwartung über ein Jahrzehnt auseinander liegen.[xv] Da geht es um bessere Arbeits- und Wohnbedingungen; um eine bessere Umwelt und Zugang zu gesunden Freizeitangeboten und Bewegung; um ein anderes Verkehrssystem als den individuellen Autoverkehr mit weniger Opfern auf allen Ebenen; um weniger Isolation und Angst, sowie mehr Sozialität; um Partizipation und Anerkennung, denn physische Gesundheit und psychisches Wohlbefinden hängen zusammen; um einen gerechteren Zugang zu öffentlichen Leistungen und Lebenschancen auch für die ärmeren Teile der Bevölkerung. Mit einem solchen solidarischen Zugang (und Umbau) könnte eine Gesellschaft einer Pandemie viel leichter, demokratischer und sozialer begegnen. Wir werden auch in Zukunft mit dieser Seuche leben müssen, die gezeigt hat, dass die individualistischen leistungsorientierten und ökonomisierten Gesundheitskonzepte des Neoliberalismus ungeeignet sind, mehr Wohlbefinden für alle zu schaffen. Es braucht einen neuen gesamtheitlichen und vor allem sozialen Gesundheitsbegriff, der eine neue Lebensqualität, und zwar für alle, ermöglicht.
14) Überwachungsstaat
Der autoritäre Charakter der Maßnahmen zeigt sich auch im ständigen Versuch, möglichst stillschweigend und nebenher Überwachungs- und Aufzeichnungssysteme nach dem israelischen Muster von „crowd control“ zu etablieren, mit Systemen, die aus polizeilichen und militärischen Anwendungen kommen. Erinnern wir uns an die gescheiterte Corona-App, die Bewegungsprofile der gesamten Bevölkerung aufzeichnen hätte können. Dann war da der Grüne Pass, der mit einem zentralen Register mit Datenabgleich verbunden werden kann. Homeoffice-Software wird immer wieder zur Überwachung von MitarbeiterInnen missbraucht. Ein weiteres Projekt ist der digitale Impfnachweis, der als Vorform des digitalen Ausweises dienen und mit biometrischen Funktionen verknüpft werden könnte – nämlich auch international. Die massenhafte Datensammlung über das Handy, die bisher über die Silicon-Valley-Giganten formal freiwillig erfolgte, soll zunehmend auch direkt behördlich erzwungen werden.
15) Demokratischer Impuls, dem das Soziale hinzuzufügen ist
Wie kann man denn die gegenwärtige Opposition gegen Impfpflicht und Lockdown politisch charakterisieren? Es ist ein liberal-demokratisches Moment, das die Bürgerrechte gegen die unverhältnismäßigen, autoritären Maßnahmen des neoliberalen Regimes verteidigt, ohne dieses als solches bekämpfen zu wollen. Der Ruf nach Freiheit trägt mitunter einen individualistischen Zug und vielfach fehlt ihm das soziale Element. Dennoch, die Ablehnung ist massiv: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung sind gegen die Impfplicht, einige von ihnen haben die Lockdowns noch befürwortet.
Der Charakter und die Entwicklungsrichtung einer Bewegung werden von vielen Faktoren bedingt. Einen davon stellt der Gegner dar. Und dieser ist das autoritär-wirtschaftsliberale Zentrum. Nachdem tendenziell eher unterprivilegierte Schichten in Bewegung kommen, besteht durchaus die Möglichkeit, im weiteren Verlauf das soziale Moment zu entwickeln – zumindest wollen wir es versuchen und damit auch die Rechte zurückdrängen, die durch die autoritäre Zentrumspolitik so massiven Zulauf erhält.
Bei einer derartigen Breite kann es gar nicht anders sein, als dass verschiedene Strömungen mitmischen. Medial besonders beachtet ist da die organisierte Rechte und auf parlamentarischer Ebene die FPÖ, die als am Regime hängend mit ihren Apparaten, einen enormen Hebel habt. Doch nun befinden sie sich nach einer schweren Krise in der Opposition. Mit den Interessen der einfachen Leute zu spielen, war schon immer ihr bestes Geschäft. Indem sich die FPÖ zum Fürsprecher des demokratischen Impulses macht, wird dieser deswegen weder undemokratisch noch rechts. Auch Jörg Haider hatte sich vor 20 Jahren gegen den Irak-Krieg gestellt. Die Ablehnung des Kriegs wurde deswegen nicht zu einer rechten Forderung. Rechts wurden die gewendeten Linken, weil sie damit ihre Unterstützung für einen imperialistischen Krieg rechtfertigten.
Während sich die Rechte sicher über eine starke mediale Präsenz freuen darf, stellt sie nicht die organische Führung der Bewegung. Es gibt ein großes, linksliberales Segment, das von einer Medizin- und Technologiekritik getragen wird und zu alternativen Lebensformen, auch wenn oft nur subkulturell, tendiert. Gerade dieses will unter keinen Umständen der Rechten zugeordnet werden.
Gerne wird die Opposition gegen die Corona-Maßnahmen pauschal als „verschwörungstheoretisch“ abqualifiziert. Wenn es sich um ein paar Sektierer handeln würde, dann wäre die Sache damit erledigt. Doch gegen eine Bewegung vorgebracht, die einen signifikanten Teil der Bevölkerung repräsentiert, zeigt es zuerst ein Problem für die Herrschenden an, nämlich, dass viele das Vertrauen in sie verloren haben.
Doch es gibt tatsächlich Positionen, die man mit diesem Begriff qualifizieren könnte, wenn er nicht schon zum Kampfbegriff verkommen wäre. Dabei handelt es sich aber nur um einen kleinen Teil der Bewegung. Die Herrschenden als allmächtige Weltenlenker vorzustellen, deren Pläne wie geplant Realität würden, reflektiert in einem gewissen Sinn nur einen halben Vertrauensverlust, insbesondere bar jedes Selbstvertrauens. Denn die Eliten werden überhöht, nur dass sie nicht mehr gut, sondern zu allen möglichen Schandtaten bereit wären. Das ist Ausdruck von politischer Ohnmacht und Impotenz.
Uns geht es darum, nicht nur einen sozialen Flügel zu artikulieren, der exemplarisch mit der Forderung nach mehr Investitionen und besseren Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen auftritt, sondern daraus auch eine politisch-soziale Opposition und Alternative zum neoliberalen Regime zu entwickeln, als dessen Spielbein die FPÖ immer wieder fungierte.
16) Das Vakuum mit einer politisch-sozialen Opposition füllen
Der Kurz-Sturz und die gegenwärtige Schwäche der Regierung zeigt, dass die Hegemoniekrise des neoliberalen Regimes andauert, wenn auch mit Schwankungen und Wellenbewegungen. Ein medialer Wunderwuzzi, der gegen Feindbilder wie Muslime hetzt, aber in der Substanz nichts Neues anzubieten hat, ist mit einem Ablaufdatum versehen. Er konnte die darunterliegende Systemkrise nur verzögern, aber nicht lösen.
Schon vor Corona gab es ein politisches Vakuum, insbesondere bei den unteren Schichten der Bevölkerung, das von der FPÖ nur teilweise genutzt werden konnte. Diese führte die Menschen in klassisch chauvinistischer Art mit der Ablenkung durch ein Feindbild wieder ins System zurück.
Nun ist dieses Vakuum noch größer geworden. Die FPÖ kann in einen Teil vorstoßen und ihre Krise als ÖVP-Mehrheitsbeschaffer überwinden. Der Aufstieg einer liberal-demokratischen Initiative wie der MFG und ihr Vorstoß ins parlamentarische System, zumindest einmal in Oberösterreich, kann als Beleg dafür gelesen werden, dass es sich nicht um eine „strukturell rechte Bewegung“ handelt. Doch Projekte des Typus MFG sind uns zu wenig. Gegen die Maßnahmen aufzutreten und sich nicht der FPÖ unterzuordnen, reicht uns nicht aus, auch wenn sie und andere Gruppen Bündnispartner sein können.
Wir wollen eine grundsätzliche politisch-soziale Alternative zum neoliberalen Regime aus der gegenwärtigen Bewegung heraus entwickeln – und es gibt diese Möglichkeit, die vorhandenen Tendenzen müssen nun artikuliert und organisiert werden.
17) Volkssouveränität
Schlüsselforderung ist dabei eine gerechtere Verteilung mittels qualitativ erhöhter öffentlicher Investitionen und Ausgaben für sozial und ökologisch sinnvolle Bereiche, wie Bildung, Gesundheitswesen oder auch eine Wende zum öffentlichen Verkehr. Das neoliberale Regime versucht das seit Jahrzehnten zu verhindern und hat dabei die Gesellschaft in eine umfassende Krise gestoßen. Nun, in der Corona-Krise haben dieselben Leute ihre eigenen Glaubensbekenntnisse wie Nulldefizit, Schuldenbremse, Fiskalpakt und ähnliche antisoziale Dogmen, einfach selbst missachtet. Denn ohne staatliche Hilfsmaßnahmen wäre es nicht nur zu einem Zusammenbruch, sondern auch zu einem sozialen Aufruhr gekommen. Die autoritären Maßnahmen wurden nur akzeptabel, weil gleichzeitig auch verteilt worden ist. Bedeutende Stimmen auch aus den globalen Eliten verstehen, dass ohne staatliche Investitionen eine historische Krise unabwendbar ist. Doch sie werden sich wohl kaum durchsetzen können. In jedem Fall haben die neoliberalen Eliten ihre fundamentale Unfähigkeit bewiesen, im Rahmen des von ihnen errichteten Systems der Krise Herr zu werden – unbesehen aller sozialen Befriedungsmaßnahmen beweist das auch das Versagen dieses Systems. Es ist an der Zeit, die Kontrolle zurückzufordern.
Es geht nicht nur um eine grundlegend andere sozioökonomische Ausrichtung, sondern auch um eine gerechtere und solidarische Gesellschaft, um die demokratische Beteiligung und Bestimmung durch die große Mehrheit gegen die gegenwärtige Elitenherrschaft. Es geht darum, Gesellschaft im Interesse der Mehrheit zu gestalten, und nicht dem Markt zu überlassen, der letztlich nur ein Tarnbegriff für die Herrschaft der kapitalistischen Eliten mit ihrer zerstörerischen Globalisierung ist. Wir wollen die Volkssouveränität herstellen, einer der Ausgangsbegriffe der modernen Demokratie, und das erfordert den Bruch mit den neoliberalen Eliten und ihren globalistischen Institutionen, allen voran der Europäischen Union.
Den gegenwärtigen Bezug der Bewegung auf die österreichische Republik, ausgedrückt durch die Fahnen, lesen wir als Symbol dafür, dass die Eliten das Volk nicht mehr zu repräsentieren vermögen. Wir wollen an den progressiven Elementen der Zweiten Republik anknüpfen, wie sie von den Herrschenden zerstört oder missbraucht wurden und werden, wie beispielsweise den Sozialstaat, den Antifaschismus oder die Neutralität, und sie weiterentwickeln in ein solidarisches Österreich.
Initiative Solidarisches Österreich
Was wir vorhaben:
Zunächst legen wir dieses Papier zur Diskussion vor, aus dem ein Manifest hervorgehen könnte – unterzeichnet von einer ganzen Reihe von Gleichgesinnten. Ein nächster Schritt wäre ein politisches Subjekt zu formieren, das im besten Fall so stark und kräftig wird, dass es in das (bereits heiß umkämpfte) politische Vakuum vorstoßen kann. Ein Mittel dafür kann auch eine Kandidatur sein.
UnterstützerInnen „Gegen Impfpflicht und Lockdown – für ein solidarisches Österreich“
Sie unterstützen unseren Ansatz und wollen den Text unterzeichnen? Schreiben Sie an aik@antiimperialista.org
Leo Xavier Gabriel, Politologe, Wien
Christoph Hammer, Religionswissenschaftler, Wien
Willi Langthaler, Autor, Wien
Martin M. Weinberger, Lektor, Wien
Alfred Almeder, sozialdemokratischer Gewerkschafter (pensioniert), Wien
Elisabeth Lindner-Riegler, AHS-Professorin (pensioniert), Wien
Susanne Huf, Tagesmutter, Wien
Julia Sparber-Ablinger, Kulturvermittlerin, Innsbruck
Wolfgang Friedhuber, Die Linke Steiermark, Graz
Ortwin Rosner, Autor, Blogger und Weltreisender, Wien
Christina Angerer, Psychologin / Psychotherapeutin, Innsbruck
Charly Walter, Innenarchitekt, Innsbruck
Gudrun Hörmann, Kindergärtnerin, Mieders Tirol
Kerstin Bartel, Volkschullehrerin, Wien
Erwin Bartsch, IT-Techniker, Baden
Sylvia Krismayr, Künstlerin, Mutters, Tirol
Dorothea Pramstrahler, Ärztin, Psychotherapeutin, Innsbruck
Hannes Buchegger, Maschinenbauer und Ökoaktivist, Drasenhofen, Niederösterreich
Hilde Grammel, BMS-Lehrerin (pensioniert), KPÖ-Mitglied, Seestadt, Wien
Daniela Maria Spahn, Künstlerin, Wien
Angelika Reichert, Künstlerin, Wien
Patience Kamuanya, Beschäftigte im Gesundheitswesen, Wien
Maamoun Chawki Psychotherapeut, Wien
Robert Kafenda, Trainer, Wien
Claudia Hirtl, Künstlerin, Wien / Tirol
Udo Martin, Pädagoge, Salzburg
Ernst Hammel, Naturwissenschaftler
Afra Graf, Schülerin, Wien
Daniel Lener, Bewegungs- und Mentaltrainer, Wien / Tirol
Stefan Kraft, Verleger, Wien
Tatjana Kojic, Übersetzerin, Wien
Deutschland:
· Rainer Brunath, Chemiker (pensioniert), Hamburg
· Stefan Rossi, Tontechniker, München
· Doris Höflmayer, Ärztin, Hamburg