Das Corona-Regime zeigt eine Wende an. Die Krise des neoliberalen Systems ist auf unerwartete Weise zum Ausdruck gekommen und hat sehr, sehr viele Dinge auf den Kopf gestellt.
Fanal
Das Corona-Regime zeigt eine Wende an. Die Krise des neoliberalen Systems ist auf unerwartete Weise zum Ausdruck gekommen und hat sehr, sehr viele Dinge auf den Kopf gestellt.
Die kapitalistischen Eliten haben im Namen von Public Health mit dem Ausnahmezustand experimentiert und das bereits zuvor vorhandene autoritäre Moment qualitativ verstärkt. Damit wurde die politisch-soziale Opposition, die in einigen Ländern manifest war, fast mundtot gemacht. Der Überwachungsstaat wurde massiv ausgebaut.
Auf der anderen Seite mussten sie die Politik der knappen öffentlichen Kassen, das zentrale Dogma des Neoliberalismus, das die soziale und in der Konsequenz auch politische Spaltung antreibt, zu einem gewissen Ausmaß zurücknehmen. Die Herrschenden haben damit abermals gezeigt, dass die öffentliche Hand sehr wohl lenkend intervenieren kann, wenn sie nur will, ohne dass dadurch die Welt unterginge.
Der alte Neoliberalismus, der vier Jahrzehnte die Welt beherrscht hat, ist an ein Ende gekommen. Die Herrschenden versuchen ein neues Regime zu etablieren, dass aufgrund des Verlusts an Zustimmung wesentlich autoritärer ist, aber gleichzeitig auch mehr staatliche Eingriffe in die Wirtschaft vorsieht, um die Krisenmomente unter Kontrolle zu halten. Ideologisch greifen diese autoritären Eliten gerne auf linke Versatzstücke zurück, um Hegemonie zu produzieren.
Alarmismus und Ausnahmezustand
Die Eliten fühlten sich durch die Pandemie akut bedroht. Angesichts der Bilder aus China konnten sie die Gefahr nicht ignorieren, wie es Trump ansatzweise versucht hatte. In der Panik reagierten sie mit einem maßlosen Alarmismus und einer Angstkampagne, um den Ausnahmezustand durchzusetzen.
Das Ausmaß der dämpfenden Wirkung der Lockdowns bleibt bis heute umstritten – außer er wird in der chinesischen Härte durchgeführt. Die „Kollateralschäden“ sind aber katastrophal und übersteigen jedenfalls den Nutzen für die öffentliche Gesundheit, insbesondere für die ärmeren Schichten – und sie sind noch gar nicht gänzlich erfasst.
Das geht von den sozialen Folgen wie Verlust von Arbeit und Einkommen, welche nur ungleich staatlich abgefedert wurden, über Bewegungsmangel bis hin zu den enormen psychischen Problemen durch Isolation insbesondere bei Jugendlichen. Eine Gesellschaft, die bereits zuvor an endemischer Angst, Einsamkeit, Ausschluss litt, einem solchen Regime zu unterwerfen, wird dadurch noch kränker.
Die antidemokratische Gewalt, mit der einseitige und unverhältnismäßige Maßnahmen im Namen der Gesundheit der Gesellschaft aufgezwungen wurden und werden, führt bei einer großen Minderheit insbesondere der ärmeren Schichten zu einer Vertiefung der bereits zuvor vorhandenen Entfremdung.
Das Corona-Regime steht für ein System, dass im Namen von schönen „linken“ Worten wie der „Solidarität für die Schwachen“, mit rein technischen Maßnahmen von oben, der öffentlichen Gesundheit im umfassenden Sinn Schaden zufügt. Die Kritik daran und der Widerstand dagegen wird als dumm, rückwärtsgewandt, rechts und antisozial bekämpft.
Alternativen
Was wäre der Schlüssel für eine demokratische und soziale Vorgehensweise gewesen? Neben der Dämpfung durch freiwillige Verhaltensänderung (aus Überzeugung gesetzte Handlungen sind immer überlegen) müssten vor allem rigorose Maßnahmen gegen schlechte Arbeits-, Wohn- und Lebensbedingungen, die die Verbreitung antreiben und Krankheit provozieren (nicht nur Covid), gesetzt werden. Alle erinnern sich an die Paketdienste oder die Schlachthöfe, die zu Verbreitungszentren wurden – aber an den Arbeitsbedingungen und Löhnen wurde nichts geändert.
Insgesamt geht es um einen ganz anderen, gesamtheitlichen Begriff von Gesundheit. Was hat es für einen Sinn, mit aller Brutalität gegen Covid vorzugehen, während man nicht nur gesundheitliche Kollateralschäden produziert, sondern dringende andere Probleme der öffentlichen Gesundheit überhaupt ignoriert, deren Krankheitslast vielleicht sogar größer sein könnten. Nehmen wir das Beispiel des Autoverkehrs, der nicht nur unnötigerweise zahlreiche auch tödliche Unfälle auch von Kindern hervorruft (viel mehr als Covid-Tote), sondern auch für schlechte Luft verantwortlich ist, die auf Covid ebenso Auswirkungen hat. Man denke nur an die krankmachenden Arbeitsbedingungen insbesondere in den unteren Einkommensbereichen. Oder man betrachte den Bewegungsmangel insbesondere auch bei Jugendlichen, der durch gezielte Förderungen leicht verbessert werden könnte – mit potentiell enormer Wirkung. (Stattdessen sperrte man die Sportstätten zu und hält exklusiv für Ungeimpfte daran fest.) Es ist kein Zufall, dass gerade in Österreich die Lebenserwartung und die gesunden Lebensjahre um mehr als ein Jahrzehnt auseinanderklaffen.
Und nicht zu vergessen die psychische Seite: Ängste, Isolation, Ausschluss sind der Nährboden für alle möglichen Krankheiten – psychische wie physische, die natürlich auch das Immunsystem schwächen. Nicht umsonst sind psychische Erkrankungen und Neigung zum Selbstmord insbesondere bei Jugendlichen massiv angestiegen.
Öffentliche Gesundheit hängt ganz entscheidend mit sozialer Gerechtigkeit und Selbstbestimmung zusammen. Das Schulsystem, dass die Spaltung von Arm und Reich zementiert und den unteren Schichten Lebenschancen, Lebenserwartung und letztlich auch gute Gesundheit verweigert, muss hier genauso thematisiert werden.
Einige Länder haben es im Ansatz auch besser gemacht: Schweden ist sicher kein soziales Paradies. Auch dort hat die Privatisierung der Altenpflege dazu geführt, dass viele ältere Menschen dem Virus zum Opfer fielen. Dennoch, der Ansatz, die Maßnahmen auf Freiwilligkeit beruhen zu lassen, statt Zwang anzuwenden, zu überzeugen, ist sicher der richtige – wie in den skandinavischen Ländern praktiziert. Die Ergebnisse hinsichtlich der Todesopfer sind ähnlich jener Österreichs, doch wurden weder die demokratischen Rechte außer Kraft gesetzt, noch derartig enorme soziale und psychische Schädigungen in Kauf genommen wie bei uns. Schweden ist sicher ein Vorreiter, doch es gab auch einige andere Länder, die weniger brutale Maßnahmen setzen wie unser Nachbar Schweiz und ebenfalls keine schlechteren Ergebnisse erzielten.
Augenöffner Gesundheitswesen
Neben den Pensionen ist der Abbau des öffentlichen Gesundheitswesens ein zentrales Ziel des neoliberalen Systems. Jedes Jahr machte die EU-Kommission enormen Druck, Betten einzusparen, Spitäler zu schließen, den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen – kurz die öffentlichen Leistungen zu verschlechtern, zu privatisieren und mit der Ware Gesundheit die Eliten zu bereichern.
Nun gilt aber die Überlastung des Gesundheitssystems als Messgröße – auch zu Recht. Abgesehen davon, dass in vielen vom Neoliberalismus zerrütteten Gesellschaften auch die Grippe die Spitäler schon an den Rand der Kapazitäten brachte und nichts dagegen getan wurde, so war auch die Pandemie kein Anlass, die Finanzierung und die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zu verbessern. Im Gegenteil, es sind weiter Kürzungen vorgenommen worden!
Es sei kein Personal zu bekommen, heißt es. Natürlich, unter den gegebenen elendigen Arbeitsbedingungen und der relativ zur geforderten Leistung schlechten Bezahlung nicht. Da müsste man das ganze Arbeitsregime verbessern, auch die Arbeitszeit verkürzen, dann würde man genug Personal mobilisieren und auch ausbilden können. Doch daran besteht nach wie vor kein Interesse. Lieber verhängt man Lockdowns und die Impfpflicht.
Zudem gibt es auch strukturelle Probleme nicht nur hinsichtlich Corona. Viele Menschen könnten niederschwellig besser primär versorgt werden, so dass wie in vielen anderen wohlhabenden Ländern sie gar nicht erst im Spital enden müssen.
Allheilmittel Impfen
Die Lockdowns nutzen sich ab und produzieren Widerstand. Darum setzen die globalen Eliten alles auf eine technische Lösung, die Impfung, mit der wir die Pandemie besiegen würden können.
Schon nach wenigen Monaten zeigte sich zunehmend, dass die Impfung nicht das hält, was uns versprochen wurde. Eine gewisse dämpfende Wirkung bei der Schwere des Krankheitsverlaufs und schon weniger bei der Übertragung hat sie. Doch von der sterilen Immunität, die indirekt durch den unzutreffenden Vergleich mit Masern und anderen Schutzimpfungen angedeutet wurde, kann keine Rede sein. Die Wirkung nimmt bereits nach wenigen Monaten rapide ab, so dass vielfach nachgeimpft werden muss. Und Virusmutationen tun das ihre.
Rund ein Drittel der Gesellschaft blieb skeptisch. Selbst viele jener, die bisher die Maßnahmen mitgetragen haben, können diesen Schritt nicht nachvollziehen. Die mit den Schwierigkeiten der Kampagne zunehmende Härte haben die Skepsis nur verstärkt.
Als Hauptziel wird nun ausgegeben, die Impfquote zu erhöhen, obwohl diese nur einen von vielen Faktoren darstellt und sich die Krankheitslast nicht direkt proportional zum Anteil der Geimpften verhält. Während wohl die Quote bei den gefährdenden Bevölkerungsgruppen ein bedeutenderer Indikator wäre, richtet sich die Impfkampagne ganz stark an junge und gesunde Menschen. Diese haben selbst ein geringes Risiko, schwer zu erkranken, während die Wirkung der Impfung gegen die Weiterverbreitung mangelhaft ist.
Die gebotene Nutzen-Risiko-Abwägung, die ja je nach Umständen sehr unterschiedlich ausfallen müsste, kann nicht sinnvoll durchgeführt werden, wenn Risiken von vornherein als vernachlässigbar bezeichnet werden. Doch für diese behauptete Vernachlässigbarkeit ist eine zwingende Beweisführung gegenwärtig nicht möglich.
Bezeichnend ist die Abwertung, ja richtiggehenden Diskriminierung der durch Erkrankung erworbenen natürlichen Immunität, deren Überlegenheit von keiner wissenschaftlichen Schule bezweifelt wird. Warum? Weil sie das Narrativ vom Impfen als Allheilmittel schwächt.
Wissenschaft oder verordnete Ideologie?
Kritiker und Skeptiker werden durch den Medienapparat als Wissenschaftsleugner bezeichnet – wobei der Begriff des Leugners an sich sehr negativ besetzt ist.
Dabei wird ein Wissenschaftsbegriff verwendet, der einerseits fast mittelalterlich vorkantianisch eine einzig gültige Wahrheit unterstellt und andererseits ganz empiristisch allein durch „Zahlen, Fakten, Daten“ objektiv wäre. Tatsächlich ist Wissenschaft ein widersprüchlicher Prozess mit unterschiedlichen Positionen und kann nicht unabhängig von gesellschaftlichen Interessen betrieben werden, die immer mit einfließen und daher auch mitgedacht werden müssen. Die Corona-Maßnahmen sind sowieso politische Maßnahmen und haben mit Wissenschaft einen nur indirekten Zusammenhang.
Auch bezüglich Corona produziert der Wissenschaftsapparat sehr unterschiedliche und auch kontroversielle Ergebnisse. Ungewöhnlich viele und angesehene Spitzenwissenschaftler haben heterodoxe Positionen gegenüber der von den Eliten als einzig legitime Sicht deklarierten eingenommen.
Der Wissenschaftsapparat ist direkt mit den Herrschaftsinteressen der kapitalistischen Eliten verbunden, und wir tun aus demokratischer und sozialer Motivation methodisch gut daran, insbesondere der Industrie und ihren technischen Lösungen mit einem gerüttelt‘ Maß an (wissenschaftlicher) Skepsis gegenüberzutreten. Denn der Rassismus, so auch die Atomkraft wie die gesamte lange Tradition von Big Pharma waren wissenschaftlich gedeckt, im Zweifelsfall Geschäft vor Menschenrechte und Gesundheit zu stellen („Contergan“).
Das Impfrisiko ist keine Frage des Beweises, sondern es muss aus einem Vorsichtsprinzip heraus grundsätzlich angenommen werden. Es ist umgekehrt die Sicherheitsbehauptung, die des empirisch-statistischen Beweises bedarf – und das braucht Zeit.
Die Art und Weise, wie die Impfkampagne geführt wird und wie Kritiker beiseite geräumt werden, entspricht einer langjährigen Tendenz, Meinung zu verordnen und Abweichler auszuschließen. Den Intoleranten keine Toleranz! Die wehrhafte Demokratie gegen den inneren und äußeren Feind! Keine Solidarität den Unsolidarischen! Der einzige – dafür aber entscheidende – Unterschied zur alten konservativ-autoritären bürgerlichen Herrschaft besteht darin, dass dies nun im Namen vermeintlich linker Werte geschieht.
Die Schuldigen ausschließen
Die Schuldigen für die Fortsetzung der Pandemie und Belastung der Krankenhauskapazitäten sind also ausgemacht – die Ungeimpften, die unsolidarisch seien. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass es zahlreiche unmittelbare und auch mittel- und längerfristige Maßnahmen gäbe, die die gesellschaftliche Krankheitslast reduzieren würden, die die Eliten jedoch verweigern. Was die Impfung betrifft: vernachlässigt man die umstrittene Verbreitungsdämpfung, geht es um die Impfung der Vulnerablen, die bereits sehr hoch ist. Junge und gesunde Ungeimpfte jedenfalls überlasten das Gesundheitssystem nicht.
Dennoch, die völlig inhomogene Gruppe der Ungeimpften wird nun diskriminiert und aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, auch Kinder und Jugendliche. Dieser Ausschluss spaltet die Gesellschaft in völlig unnötiger Weise und ist nicht nur antidemokratisch, sondern er schadet auch hochgradig der öffentlichen Gesundheit.
Impfpflicht – der Sprengsatz in der Flucht nach vorne gezündet
Warum prescht gerade die österreichische Regierung mit dieser Zwangsmaßnahme voran, wo sie doch sonst gerne anderen folgt und sich als harmlos und moderat gibt?
Als der Medienkönig Kurz doch abdanken musste, versuchte er, Schallenberg als seinen Prokonsul einzusetzen, den er fernzusteuern können glaubte. Dieser wollte den starken Mann markieren, mit starken Maßnahmen, einer klaren Lösung und einem klaren Feind. Doch die Kurz-Blase war wirklich und gänzlich geplatzt und sein Mentor weg vom Fenster. Er musste Nehammer Platz machen, der die VP-Landesorganisationen im Rücken hatte. Der hatte wiederum nicht die politische Intelligenz, um die Chance zu nutzen das potentielle Eigentor zurückzuziehen. Möglicherweise glaubten zu dem Zeitpunkt auch noch die Landeshauptleute selbst daran, dass sie damit die immer wiederkehrenden und geschäftsschädigen Lockdowns vermeiden könnten.
Will man den Umfragen Glauben schenken, so sind rund 40% der Bevölkerung gegen eine Impfpflicht. Verfestigen sich die Schwächen der Impfkampagne wie beispielsweise durch Mutationen und Dauerimpfungen, dann kann das auch ansteigen. Die größten oppositionellen Demonstrationen seit Jahrzehnten bringen die Heftigkeit des Widerstands zum Ausdruck. Und dann kommt noch hinzu, dass ohne Nachimpfungen die Zahl der „Ungeimpften“ und damit Diskriminierten potentiell wieder ansteigt. Selbst wenn die Impfpflicht formal beschlossen werden sollte, gibt es an die 20% an harten Impfgegnern, von denen viele sich auch von den drohenden Strafen nicht überzeugen lassen werden.
Das zusammengenommen bildet ein explosives Gemisch. Es ist für die geschwächte Regierung und die hinter ihr stehenden Eliten schwer, diese Machtprobe zu gewinnen, weil es ja mit dem Beschluss allein nicht getan ist. Es tut sich eine Chance auf, ihnen nicht nur eine Niederlage beizubringen, sondern damit auch einen Schritt in der Entwicklung einer politisch-sozialen Opposition zu machen.
Die maßnahmenkritische Bewegung
In einigen Ländern wie in Italien oder Frankreich wurde mittels des Ausnahmezustands die politisch-soziale Oppositionsbewegung unterdrückt. Stattdessen ist eine neue Massenbewegung entstanden. Wochenlange Demonstrationen gegen die Impfpflicht mit zehntausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Proteste auch in kleineren Städten gab es in Österreich schon seit Jahrzehnten nicht.
Die Medien und auch die offizielle Politik gehen dagegen mit einem bewährten Drehbuch vor. Schon zuvor wurden Proteste gegen den gern in „linkem“ Gewand auftretenden Wirtschaftsliberalismus als populistisch, rechts oder antisemitisch verunglimpft. Im Wesentlichen versucht man, die Bewegung mit dem Stempel FPÖ zu versehen, auch wenn immer wieder zugegeben werden muss, dass die Teilnehmerschaft sehr breit und divers ist.
Tatsächlich ist die FPÖ die einzige parlamentarische Stimme des Protests und als Teil des Systems verfügen sie und ihre Netzwerke auch über einen ansehnlichen Hebel in die Medien. Dennoch handelt es sich keineswegs um eine organisch rechte Massenbewegung, sondern das zentrale Thema ist die Verteidigung der Grundrechte, nicht gerade ein traditionelles Anliegen der FPÖ. Ein klarer Indikator dafür ist der Aufstieg der MFG, deren Programm lediglich aus zwei Punkten besteht: Gegen die Corona-Maßnahmen zu sein und sich nicht unter Flagge der FPÖ begeben zu wollen.
Klar, gibt es die Tendenz, Rechte individualistisch zu fassen ohne ihren sozialen Kontext, was man liberal- oder bürgerlich-demokratisch nennen könnte. Doch die Entwicklung einer Bewegung hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem auch vom Gegner und das sind die kapitalistischen Eliten mit ihrem Zug zum Autoritarismus. Und es gibt in der Bewegung sehr viele Menschen, die nicht nur die FPÖ ablehnen und sich im weitesten Sinn als links definieren, sondern die den sozialen Aspekt der demokratischen Forderungen betont haben wollen.
Wir sind Teil dieser Strömung, wir wollen sie organisieren und ihr eine gesellschaftlich hörbare Stimme geben und vor allem wollen wir bei den Corona-Maßnahmen nicht stehenbleiben. Wir wollen die Bewegung mit einer weitergehenden politischen Perspektive, dem Ziel des Bruchs mit dem globalen autoritär-kapitalistischen Regime, verbinden. Einen Bruch mit dem bestehenden Parteiensystem haben indes schon viele Menschen vollzogen.
Verschwörung?
Häufig wird die Bewegung als zu Verschwörungstheorien neigend bezeichnet und damit abgewertet. Im Großen stimmt das nicht, es sei denn man unterstellt, dass Kritik an den herrschenden Eliten und ihren Legitimationsnarrativen grundsätzlich verschwörerisch wäre – das würde dem Trend zur verordneten Meinung im Rahmen der Political Correctness entsprechen.
Es gibt aber tatsächlich eine Unsicherheit bei der Erklärung des Corona-Regimes. Für die Gegner der Zwangsmaßnahmen ist klar, dass diese nicht nur der Demokratie, sondern in der Konsequenz auch der öffentlichen Gesundheit schaden. Warum ergreifen die Eliten diese dann im Gegensatz zu ihren eigenen schönen Worten?
Wir haben versucht eine komplexe und vielschichtige Antwort darauf zu geben. Die Eliten können nicht anders als auf die bestehenden Apparate und ideologische Legitimationen zurückzugreifen. Zunächst waren sie selber geschockt und dann trieb sie ihr Mediensystem vor sich her, sie verspürten die autoritären Versuchungen des Ausnahmezustands, sie sind in ihrer Technik- und Wissenschaftsgläubigkeit gefangen und vor allem – sie wollen die gesellschaftlichen Machtstrukturen unangetastet lassen, die aber das entscheidende Hindernis für eine demokratische und soziale Gesundheitspolitik sind. Einmal den Weg eingeschlagen, lässt sich dieser ohne politischen Schaden nur mehr schwer korrigieren…
Es gibt natürlich auch simplere Antworten, nämlich die eines böswilligen verschwörerischen Plans der Eliten. Doch das überhöht ihre Macht, ihre Homogenität und Zentralisiertheit. Diese Anschauung reflektiert ein tiefsitzendes Ohnmachtsgefühl, eine historische Schwäche. Denn tatsächlich befinden sich die Eliten in einer vielgestalten Krise, und das alte neoliberale System funktioniert kaum mehr. Sie experimentieren selbst und es ist überhaupt nicht ausgemacht, wohin die Reise geht. Bestes Beispiel dafür ist die österreichische Machtprobe zur Impfpflicht.
Politisches Eingreifen in die Wirtschaft
Kernelement des Neoliberalismus war die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben. Privat sei effizienter und würde à la longue den Wohlstand aller heben. Tatsächlich wurde die Reichen reicher, sehr viele ärmer und die Gesellschaften in die Dauerstagnation gestürzt. Jedenfalls konnten so viele soziale aber auch politische Errungenschaften der arbeitenden Menschen wieder rückgängig gemacht werden und trotz der formalen Demokratie eine ausschließende Herrschaft der Eliten etabliert werden.
Die Corona-Maßnahmen haben gezeigt, dass man durchaus mit öffentlichen Mitteln eingreifen kann, ohne dass wir in Schulden untergehen würden. Wie schon 2007/8 stellt sich nur die Frage, in welchem Interesse staatliche Interventionen passieren und wer davon profitiert.
Wir rufen zu einer radikalen Kehrtwende auf, einem Plan für eine gerechtere Gesellschaft durch massive öffentliche Investitionen in Schule und Ausbildung, in das Gesundheitswesen und die Pflege, in den öffentlichen Verkehr, in Breitensport und Kultur. Dazu gehört auch die Entwicklung der Städte und des ländlichen Raums nach sozialen und demokratischen Kriterien und staatliches Eingreifen und Industriepolitik.
Ziel ist es, jedem Menschen die Chance auf einen gesellschaftlichen Beitrag, auf sinnvolle Arbeit und damit einen Anteil am gesellschaftlichen Produkt zu ermöglichen – man kann es auch Vollbeschäftigung oder Jobgarantie nennen. Ein Schritt dazu ist auch die Verkürzung der Arbeitszeit. Natürlich brauchen wir den Sozialstaat mit seinen Transferleistungen, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und ein gerechteres Steuersystem. Aber das sind Reparaturmaßnahmen einer ungerechten Primärverteilung und ineffizienten Ressourcenallokation. Uns geht es darum, die Grundstruktur gerechter zu machen, durch politisches Eingreifen für und durch die Mehrheit im Sinne einer ökosozialen Wende.
Gerne wird dem entgegengehalten, dass diese nicht finanzierbar sei. Doch man darf sich von der Form nicht täuschen lassen. Inhaltlich geht es darum, den gesellschaftlichen Reichtum durch politische Maßnahmen gerechter und gezielter einzusetzen und im Sinne aller zu mehren. Dazu gibt es viele Mittel wie Geldschöpfung, Ausgaben über Defizite, lenkende Maßnahmen oder auch Steuern. Der Markt allein jedenfalls führt zu Reichtum und Macht für einige wenige, sowie Ausschluss und Armut für viele.
Gegen Globalisierung, für Volkssouveränität und eine gerechtere Weltordnung
Das neoliberale Regime, die Globalisierung und der Freihandel sind untrennbar mit einander verwoben. Die Marktradikalen werden nicht müde, auf die internationale Konkurrenz hinzuweisen, der man sich stellen müsse. Zuerst wurden die Industrien in Billiglohnländer verlagert, um bei uns die Löhne zu senken und den Einfluss der arbeitenden Menschen zurückzudrängen. In der Folge entstand auch im Westen ein immer größeres Billiglohnsegment, das keine würdige Existenz mehr zulässt.
Die politische Entmachtung der Mehrheit erfolgte auch über internationale Institutionen wie IWF und Weltbank und diverse Freihandels- und Investitionsschutzverträge. Das für uns bei weitem bedeutendste Instrument der neoliberalen Globalisierung ist die Europäische Union, die nicht nur den Marktradikalismus in einen de facto durch das Wahlvolk nicht abänderbaren Vertrag über der Verfassung zementiert, sondern auch den Parlamentarismus zur leeren Hülse degradiert hat.
Die angestrebte ökosoziale Wende mit dem politischen Eingreifen in die Wirtschaft widerspricht grundlegend den EU-Verträgen. Darum: Erkämpfen wir die Volkssouveränität, das Grundprinzip jeder Demokratie! Das bedeutet die Verteidigung der parlamentarischen Demokratie aber gleichzeitig auch die Notwendigkeit der Demokratie von unten, der aktiven Beteiligung der breiten Bevölkerung. Ein Lehrbeispiel dafür war Griechenland 2015. Nur mittels einer Massendemokratie, die die breite Bevölkerung organisiert und mobilisiert, hätte das Austeritätsdiktat der EU abgewehrt werden können.
Es gibt viele Elemente in der Zweiten Republik, an die angeknüpft werden kann oder die wiederzubeleben sind. Da ist der grundlegend antifaschistische Auftrag gegen Autoritarismus nach innen und Aggression nach außen, gegossen in die Neutralität. Da ist der Sozialstaat. Das ist die Betonung des politischen Charakters der Nation als Gestaltbares, gegenüber dem scheinbar gegebenen Ethnischen.
Die große historische Lehre ist die Zurückweisung des Imperialismus, der Frieden mit Russland und damit auch die Ablehnung des aggressiv-kapitalistischen Militärbündnisses der Nato. Damit stellen wir uns gegen jeden Kolonialismus, so progressiv oder gar antifaschistisch er sich auch geben mag.
Überwachungsstaat und verordnete Meinung
Die nach dem Ende der Sowjetunion ausgerufene Neue Weltordnung gab sich liberal, aber basierte auf zwei imperialen Kriegen, gegen den Irak und gegen Jugoslawien. Wehe dem, der das Gut-Böse-Narrativ nicht mittrug. Unvergessen die Manipulation im Namen des neu entdeckten und sogleich transformierten Antifaschismus durch die rot-grüne deutsche Regierung: „Auschwitz im Kosovo bekämpfen“. Damit wurde ein Muster etabliert.
Nach 9/11 war es dann aus mit dem Liberalen. Das neue Feindbild, die Muslime, diente zur Legitimierung des „War on terror“, der zu Leid, Zerstörung, Besatzung und – Widerstand führte.
Demokratische Rechte kamen unter Druck. Man erinnere sich an Guantanamo, den Patriot Act und diverse Antiterrorgesetzgebungen. Unerwünschte Meinung konnte zunehmend kriminalisiert werden. In Österreich führte das unter anderem zu einem jahrelangen Prozess gegen Tierschützer als angebliche Terroristen. Die antimuslimische Kampagne wurde dann von Bundeskanzler Kurz zur Regierungspolitik erhoben und in diskriminierende Gesetze gegossen – auch ohne die FPÖ – zuletzt in Form des Extremismus-Gesetz. Die Sicherungshaft, die das Recht auf ein gerichtliches Verfahren bei Haft aushebelt, ist bis jetzt noch nicht gelungen – aber das extreme Zentrum hört nicht auf, den Rechtsstaat zu demontieren.
Hinzu kommt eine Vielzahl von Überwachungs- und Datensammelmaßnahmen, wie sie von Edward Snowden bekannt gemacht wurden.
Die Corona-Maßnahmen schließen hier nahtlos an, sowohl ideologisch als auch juristisch. Man erinnere sich an die gescheiterten Versuche der Corona-App, die alle Bewegungen hätten aufzeichnen sollen. Oder auch die Projekte, die an den Grünen Pass geknüpft werden, der ebenfalls potentiell die massenhafte Sammlung von Bewegungsprofilen und Gesundheitsdaten erlauben bis zu dem Traum eines jeden Polizeistaates nach einer global gültigen elektronischen Identität. Das Smartphone wird so sowohl zum Schlüssel der gesellschaftlichen Teilhabe, also auch zum Instrument der lückenlosen Überwachung. Bisher gelang dies schon formal freiwillig über die Social-Media-Dienste. Nun soll das auch behördlich verpflichtend werden.
Die Tür zu einer gerechteren Gesellschaft aufstoßen
Derzeit versuchen wir gemeinsam, einen massiven Angriff auf die Grundrechte abzuwehren und dabei soziale Sofortmaßnahmen einzufordern, wie den Ausbau des Gesundheitswesens oder die Erhöhung des Arbeitslosengelds.
Gleichzeitig wollen wir einen Weg aus einem Dilemma weisen, das Österreich und viele andere vom Neoliberalismus zerrüttete Gesellschaften seit Jahrzehnten plagt. Der Unmut darüber und die mit ihm verbundene Entmächtigung wird zumindest parlamentarisch und medial von der FPÖ oder der Rechten chauvinistisch kanalisiert und dann wieder zurückgelenkt (siehe die regelmäßige Rolle der FPÖ als ÖVP-Mehrheitsbeschafferin). Das ruft auf der anderen Seite den Mechanismus des kleineren Übels hervor: Die FPÖ müsse um jeden Preis verhindert werden, darum müsse man wohl oder übel den Linksliberalismus wählen. Das System des extremen Zentrums etablierte sich – egal ob links oder rechts – wirtschaftsliberal und zunehmend autoritär.
Es geht darum eine antisystemische Opposition gegen die kapitalistischen Eliten zu etablieren, die sich auf einen Bruch mit dieser und ihren Institutionen der Globalisierung vorbereiten. Die maßnahmenkritische Bewegung repräsentiert rund ein Drittel der Bevölkerung, wovon ein gewissen Segment von der FPÖ vertreten wird. Der Rest hat nur die MFG, für die die grundsätzlich ungerechte gesellschaftliche Ordnung kein Problem darstellt. Diejenigen, die mit konkreten Schritten zu einer gerechteren Gesellschaft hier und weltweit gehen wollen, an die richten wir uns.
Politisch-organisatorische Schritte
Wir befinden uns inmitten einer Bewegung, doch eine Bewegung reicht für diesen Zweck nicht aus. Auf der anderen Seite haben viele Menschen mit gutem Recht das Vertrauen in Parteien und das zugehörige System verloren.
Uns schwebt eine politische Organisation, ein politisches Subjekt vor, das ein gewisses Meinungsspektrum zusammenführen kann, über ausreichend Breite verfügt, aber dennoch nicht durch Repräsentationslosigkeit gelähmt wird. Es soll Mitgliedschaft und Mitgliedbeitrag, Programmentwicklung und -diskussion, interne demokratische Wahlen geben. Diese sollen Vertretungsorganen das Mandat erteilen, gefasste Beschlüsse konkret umzusetzen. Ziel ist mit den Wellenbewegungen und Brüchen eine politisch-soziale Opposition mit dem Willen zur Macht zu entwickeln.