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Hintergrundinfos zur Raddemo am Sa, 6. Mai 2023

Die Forderungen erklärt entlang der Route

Hier der Aufruf zur Raddemo "Wo bleibt die Bahn" am 6.5.23 in der Wiener Donaustadt. Die Demo wird vom Lobauforum federführend organisiert und von zahlreichen Initiativen und Gruppen unterstützt, auch von Selbstbestimmtes Österreich.

Im Bild eine mögliche Routenführung der geforderten neuen S-Bahnlinie auf bestehenden Gleisanlagen mit drei neuen Stationen. Quelle: https://linieplus.de/proposal/wien-s-bahn-donaustadt-laaer-ostbahn/

 

Abfahrtspunkt Station Stadlau: 

Bebauungsdruck entlang von U-Bahnen und mangelhafter Schnellbahntakt

Hier sieht man verschiedene Aspekte sehr deutlich, wie durch den Neubau eines Massen-Öffis die Stadtstruktur verändert wird. Einerseits hervorragende Anbindung durch die U2 in den zentralen Nordwesten Wiens (Stichwort Schottentor mit Straßenbahnen), andererseits unattraktiver Schnellbahntakt in den Süden und Westen Wiens, je nach Zielhaltestelle 4 oder sogar nur 2 Züge pro Stunde. Gleichzeitig wurden parallel zur U2 sehr „urbane“ „innerstädtische“ Hochbauten mit bis zu 10 Stockwerken plus Tiefgarage gebaut, es gibt wenige fußläufig erreichbare Geschäfte (bisher war bis auf den Ortskern Stadlau hier eine sehr locker bebaute Gegend), somit Anreiz zum Autofahren einerseits für den Großeinkauf im Großmarkt, und andererseits Anreiz zum Autofahren in den Süden Wiens, falls dort der Arbeitsplatz liegt. 

Überdies massiver Druck auf Gartenhäuschen (beispielsweise in der Mühlgrundgasse), wo Immobilienhaie und die Stadt Wien teilweise massiven Druck auf Menschen ausüben, die seit Ewigkeiten dort wohnen, dass sie verkaufen und wegziehen wollen (ich kenne da Beispiele persönlich). Druck zur Versiegelung und Grünvernichtung steigt. 

Resumee: Wichtig wäre attraktive Nahversorgung, Erhalt attraktiver Grünräume, und ein dichter Takt von Schnellbahnen Richtung Raasdorf, Richtung Meidling und Hütteldorf und vor allem auch nach Norden über den Gewerbepark Kagran Richtung Leopoldau-Floridsdorf oder aber Deutsch-Wagram.

 

Kreuzung mit der Erzherzog Karl Straße:

Der Marktplatz ist weg, die Schnellbahn nach Norden fehlt, so verödet man einen Knotenpunkt!

Hier kann man einerseits östlich auf den zerstörten lokalen Stadlauer Marktbereich (Genochmarkt) hinweisen, der nicht „wiederbelebt“, sondern stattdessen Immobilienprojekten geopfert wurde.

Im Westen befindet sich die (beim vergangenen Radausflug besuchte) Bahnstation „Erzherzog-Karl-Straße“, wo der Bahnsteig der Strecke Richtung Norden völlig ungenutzt ist (Gewerbepark Kagran, dann als S10 Richtung Deutsch-Wagram und Gänserndorf, oder auch nördlich Richtung Wolkersdorf mit Dieseltriebwagen oder Elektrospeichertriebwagen bei Obersdorf ins Schweinbarther Kreuz abzweigend).

 

Kurz vor (=südlich) der Unterführung der Stadlauer Straße unter die Gleise der S80:

Hier hätte man eine „sanfte“ schmale Erschließungsstraße mit Rad-Highway zur Seestadt bauen können

Hier sieht man eine der ganz ganz großen Stadtplanungssünden der letzten 20 Jahre: Als die Stadt Wien das Areal vom Flugplatz Aspern kaufte und eine Erschließung mit Öffis und Straßen überlegte, präsentierten die Grünen (Rüdiger Maresch) etwa 2004 eine zweispurige (1 Spur in jede Richtung) normale „Stadtstraße“ mit Gehweg, Radweg, Bäumen, Ampeln, usw., die genau hier bei der Abzweigung Anton-Klein-Gasse abzweigt und sich nach Osten dicht an die S80-Trasse anschmiegt, bis zur Seestadt. Das Projekt hieß „B 3d“ und sollte die Ortskerne von Aspern und Essling vom Autoverkehr entlasten. Eine Verlängerung rund um Großenzersdorf sollte überdies auch dessen Ortskern entlasten. Wie gesagt, 1 Spur in jede Richtung, 50 km/h, mit Radstreifen, etc.

Etwa 2004 oder 2005 haben Häupl und Stadtrat Schicker dann die Verlängerung der Autobahn A23 bis zur Seestadt beschlossen (im Wesentlichen fast ident mit dem heutigen Projekt), und die Trasse hier bei der Anton-Klein-Gasse wurde mit Wohnbauten verbaut, sie ist nun verloren.

2016 wurde von Vassilakou und Oxonitsch die autobahnähnliche „Stadtautobahn“ präsentiert, wie sie nun gebaut wird, wobei ein Planungsteam rund um Christoph Chorherr im Bereich „Oberes Hausfeld“ dicht neben den 4 bis 6 Spuren einer offenen Rampe (Steigung = noch mehr Abgase und Lärm!) einen Schulcampus mit Sportplätzen und Parkbereich hinplante, sodass Lärm, Feinstaub und Stickoxide nicht nur die im Sommer offenen Fenster, sondern auch die turnenden oder pausierenden Kinder belasten. Derzeit läuft gerade die UVP zu diesem Projekt, wie u.a. René Bolz berichten kann.

 

Ortskern Hirschstetten:

Erinnerung an Straßenbahn statt Auto-Stau. Die Cholera (Auto-Stau) wird mit der Pest (Stadtstraße) bekämpft.

Wehmütig mag man daran denken, dass hier von Jänner 1922 bis August 1970 die Straßenbahnen der Linien 217 und 317 unterwegs waren. Sie kamen vom Kagraner Platz (teilweise sogar als Linie 17 aus Floridsdorf) und fuhren durch den Ortskern Hirschstetten zum Ortskern Aspern, sowie weiter nach Essling, und mit dem Signal 317 sogar bis nach Großenzersdorf. 1970 beschloss man, dass sie dem Autoverkehr im Weg seien und stören, die Linien wurden eingestellt.

Nun haben wir eine Autohölle im Ortskern. Und als Heilmittel gegen die Autohölle wird derzeit gleich hinter dem ehemaligen Schlosspark eine noch grauenhaftere Autohölle gebaut. Ungefähr so, wie wenn man einem Alkoholiker, damit er weniger Bier trinkt, literweise Wein, Schnaps und Vodka einflößt.

 

Hirschstettner Straße trifft auf die Gleise der „Laaer Ostbahn“:

Einer von vielen leeren Güterbahnhöfen in Wien. Ein Totalversagen der Stadtpolitik.

Ein Aspekt, der schwer zu sehen ist, eher noch mit Google Maps am Handy: Von hier bis fast hinunter zur Erzherzog-Karl-Straße erstreckt sich ein vielgleisiger Güterbahnhof. Der aber fast leer oder ganz leer ist. Ein Symbol für die Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße, auch wenn die Politik in jedem Satz von „klimafit“ und „Klimakatastrophe“ schwafelt. Die Realität schaut anders aus: Dies ist einer von ganz ganz vielen Wiener Güterbahnhöfen, die nur mehr ein Schatten ihrer selbst sind, wenn nicht sogar de facto tot. Weil das Umladen Menschen braucht (also Arbeitende, es schafft Arbeitsplätze), versucht man es zu minimieren und nur mehr an EINEM Ort der Stadt umzuladen. Im Güterterminal Inzersdorf, wo die Pottendorfer Linie und die S1 Südumfahrung („verlängerte Lobauautobahn“) sich kreuzen. Liefer-LKWs können von dort dann quer durch ganz Wien stinken und lärmen.

 

Kreuzung der Fahrtroute mit der Hochtrasse der Linie 26:

Die Stadt wird zerschnitten, Lärmschutzwände statt Bäume entlang der leeren Bahngleise, hier fehlt die Schnellbahnlinie S10

Hier hat sich die Stadtplanung die größte Mühe gegeben, die Stadt zu zerschneiden, als ob es sich um einen Eisernen Vorhang handeln solle. Parallel zu den Bahngleisen (wo fast nichts fährt) standen bis 2022 zahllose Baumriesen, man wäre in einer Grünoase gefahren, wenn man denn hätte fahren können (die dortigen Schnellbahnzüge haben ÖBB und Stadt Wien eingestellt). Im Sommer 2022 wurden die Bäume gefällt und durch riesige Lärmschutzwände ersetzt. Beim Bau der Hochtrasse der Linie 26 hat kein kluger Kopf die Idee gehabt, seitlich Fußwege und Radwege zu montieren. Wenn man bei der Station „Gewerbepark Stadlau“ aussteigt, ist es zumindest derzeit komplett unmöglich, zu Fuß die riesigen neuen Wohnbauviertel jenseits der Bahngleise zu erreichen. 

Natürlich wäre es geradezu zwingend nötig, hier eine Schnellbahnstation einer Linie S10 vom Hauptbahnhof über Stadlau Richtung Deutsch-Wagram und Gänserndorf zu errichten. Der Einzugsbereich über die Straßenbahn, riesige Neubauviertel und vor allem der Gewerbepark Kagran wären drei gute Gründe. Seit 20 Jahren (als die Pläne für die Linie 26 ausgearbeitet wurden) haben die Entscheidungsträger in der Stadtregierung, im Verkehrsministerium (pardon, Klimaministerium) und bei den ÖBB geschlafen. Ein todesähnlicher Schlaf, mit völliger Besinnungslosigkeit, die zusammenhängendes Denken offenbar verhinderte.

Mit der Linie 26 kommt man von dort zwar zur U1 (Kagraner Platz) und zur U2 Hausfeldstraße, aber das war es dann auch schon.

Idiotie 1: Wenn man mit Linie 26 die S80 in den Süden oder Westen Wiens erreichen möchte, ist das eine blöde Gschicht: Solange die S80 bei der Hausfeldstraße gehalten hat (damals noch im eingleisigen Betrieb), gab es die Linie 26 noch nicht. Als dann die Linie 26 gebaut und die S80 zweigleisig ausgebaut wurde, ließ man zwar die Straßenbahn freundlich unter der Schnellbahnbrücke halten, aber die Aussteigenden konnten nur traurig die durchfahrende Schnellbahn sehen. Natürlich ist das ein Anreiz, gleich ins Auto zu steigen.

Die Schnellbahn-Haltestelle Hausfeldstraße wurde 1987 eröffnet, ab 1991 gab es bis dorthin einen Halbstundentakt. Ab 2005 wurde eine Zeit lang auf einen 20-Minuten-Takt verdichtet, dann aber wieder verdünnt.

Idiotie 2: Wenn man von hier eine Direktverbindung Richtung Simmering, Hauptbahnhof, Meidling, Hütteldorf, Liesing, sowie Richtung Leopoldau-Floridsdorf oder Deutsch-Wagram sucht, blickt man traurig auf die leeren Bahngleise, wo selten ein Fernzug oder Güterzug die Totenstille zerreißt. Diese Strecke ist de facto parallel zur A23 ab Simmering, mit Praterbrücke bis zum Knoten der „Seestadt-Autobahn“, und weiter parallel zur Schnellstraße S2 Richtung Süßenbrunn, zur Ringautobahn S1. Wenn wir die Autobahnen entlasten und die Öffis fördern wollen, brauchen wir HIER, genau HIER, einen Haltestelle und mindestens einen 15-Minuten-Takt. Ob im Norden dann nach Leopoldau-Floridsdorf umgeschwenkt wird, oder nach Deutsch-Wagram, können gscheite Leute entscheiden. Das hängt sicher auch von der Taktfrequenz auf diesen Strecken ab. Ich würde einen Dieseltriebwagen oder Elektrospeichertriebwagen spannend finden, der vom Hauptbahnhof über Stadlau und Gewerbepark Kagran weiter nach Gerasdorf fährt und bei Obersdorf in das Schweinbarther Kreuz einschwenkt, das unbedingt wiederbelebt gehört.

 

Brücke der „Laaer Ostbahn“ über die Breitenleer Straße:

Halbverschwundene Reste einer ehemaligen Schnellbahnstation

Hier sieht man möglicherweise noch letzte Spuren einer eher improvisierten Schnellbahn-Haltestelle „Breitenleer Straße“, die sich oben zwischen den Gleisen von der Brücke aus Richtung Norden erstreckte. Sie ermöglichte ein Umsteigen zwischen dem Autobus nach Breitenlee und der Schnellbahnlinie, die einst vom Südbahnhof (Teil Ost) über Simmering, Stadlau hinauf nach Leopoldau und Floridsdorf fuhr. Nachdem nur ein oder zwei Schnellbahnen pro Stunde fuhren (ich glaub, eher eine), war die Sache unattraktiv geplant. Zum Gewerbepark Kagran war der Weg zu Fuß noch sehr weit – eine Einladung, aufs Auto umzusteigen.

Erstmals hielten hier bei der Station „Breitenleer Straße“ im Dezember 2005 Schnellbahnen der Linie S8, die von Wien-Südbahnhof, Ostteil, über Simmering, Stadlau in einem Bogen nach Leopoldau und Floridsdorf fuhren. Sie verkehrten zweimal pro Stunde, und damit es nicht zu viel Gutes auf einmal gäbe, wurde von Stadt Wien und ÖBB gleichzeitig die S80 (Südbahnhof-Ost bis Hausfeldstraße) von drei Zügen pro Stunde auf zwei Züge pro Stunde verschlechtert.

Im Dezember 2010 wurde die Haltestelle „Breitenleer Straße“ wieder aufgelassen, samt Linie S8.

Die Verwirrtheit der ÖBB Planung zeigt sich auch darin, dass diese Station ganz offiziell abwechselnd als „Breitenlee“, dann „Breitenlee-Kagran“, dann „Kagran“, dann „Kagran ÖBB“ und dann eben „Breitenleer Straße“ genannt wurde.

 

Kagraner Platz:

Öffi-Knotenpunkt mit einer überlasteten U-Bahn-Linie; eine Linie S10 würde hier entlastend wirken

Hier sieht man noch das Stationsgebäude der Straßenbahntransversale Linie 317, mit der man bereits in den 1920er Jahren von Floridsdorf über den Kagraner Platz und Hirschstetten nach Aspern, Essling und Großenzersdorf fahren konnte. Ursprünglich, vor dem endgültigen Durchbruch der elektrischen Straßenbahnen, verlief hier in Transdanubien eine Dampfstraßenbahn auf etwa derselben Strecke.

Die Wohnbereiche hier entlang der U1 haben zwar mit der U-Bahn ein gutes Verkehrsmittel, das zahlreiche nützliche Linien kreuzt (Ausnahme sind übrigens die nordwestlichen und westlichen Straßenbahnlinien). Die U1 gilt aber zur Stoßzeit oft als schwer an der Kapazitätsgrenze, überfüllt und dadurch auch störungsanfällig. Wenn nun bei Oberlaa und Rothneusiedl gigantomanische Wohnprojekte hinzukommen und Autopendler zum Umsteigen gewonnen werden sollen, wird sich die Überlastung der Linie noch verstärken. Somit wäre für Fahrgäste, die in den Süden Wiens wollen, eine Linie S10 mit mehreren Stationen als Ergänzung zur U1 auf jeden Fall nützlich.

Dies umso mehr, als eine verfehlte Stadplanung die fruchtbaren Äcker und Gärtnereien des Donaufelds in den kommenden Jahren zubetonieren wird, was zu einer noch weitaus stärkeren Belastung der U1 führen wird.

 

Endpunkt der Tour: U1 Station Rennbahnweg

Interessanter Vergleich der Infrastruktur entlang der U1 mit der Region entlang den Gleisanlagen der „Laaer Ostbahn“ (potentielle Schnellbahnlinie S10)

Auch hier gilt dasselbe wie beim Kagraner Platz: Ein ergänzendes Angebot einer Schnellbahnlinie S10 mit mehreren Stationen zwischen Erzherzog-Karl-Straße und Süßenbrunn würde die U1 entlasten und böte einen großen Zusatznutzen.

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