Rede von Peter Kolba, NAbg.a.D. ARGE Wehrdienstverweigerung und Gewaltfreiheit, beim Februargedenken am 15.2.25 am Albertina-Platz in Wien, veranstaltet vom Bündnis "Stimmen für Neutralität":
Liebe Anti-Faschist:innen! Liebe Kriegsgegner:innen!
„Wahrlich, ich lebe in finsteren Zeiten!“ so beginnt Brecht sein Gedicht „An die Nachgeborenen“. Und diese Zeilen sind erschreckend aktuell.
Wir leben in einer Zeit geopolitisch höchst gefährlicher Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten.
Hunderttausende Tote in einem sinnlosen Stellungskrieg, ein Völkermord in Gaza sind inzwischen unsere „Normalität“.
Und in Deutschland wird von der Ampel von SPD-Grünen-FDP und von CDU/CSU „Kriegstauglichkeit“ als Ziel ausgegeben. Die Aktien der Rüstungsindustrie schießen in den Himmel. Schon im Kindergarten soll die „geistige Landesverteidigung“ beginnen.
Trump redet von Frieden und fordert von Europa massive Aufrüstung. Er will die Palästinenser aus Gaza vertreiben und rüstet zum Krieg mit China.
In Deutschland sollen ab 2026 Mittelstreckenraketen der USA stationiert werden.
Damit rückt – wie schon einmal bei NATO-Doppelbeschluss in den 1970-igern – ein Atomkrieg gefährlich näher. Denn bislang gibt es – anders als seinerzeit - nur die Option der Aufrüstung, ohne eine Option für beiderseitige Abrüstung und Abzug dieser Raketen.
In Österreich sind die Parlamentsparteien bereit, die Neutralität über Bord zu werfen und mit Sky Shield die Integration Österreichs in die NATO fortzusetzen.
Auch die FPÖ war – entgegen ihrem Wahlkampf - bereit, die ÖVP mit dem Landesverteidigungs- und dem Außenministerium da schalten und walten zu lassen.
„Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!“ lesen wir bei Brecht.
Wir wollen nicht schweigen.
Doch die Räume für sachliche Diskussionen werden enger. Solidaritätsgruppen mit den Palästinensern werden mit Auftrittsverboten, Festnahmen bei Demonstrationen und der Sperre von Bankkonten verfolgt. Kritik an der Kriegspolitik der rechten Regierung Netanjahu wird als „Antisemitismus“ verleumdet.
Wer sich für Frieden in der Ukraine ausspricht, wird als Putin-Knecht abgestempelt.
Der Öffentliche Rundfunk – allen voran ARD und ZDF – verbreitet weitgehend nur noch Regierungs-Mainstream.
Die Verteidiger der „liberalen Demokratie“, denken an Zensur, Parteiverbote und Verfassungsänderungen um eine „Brandmauer“ gegen rechts zu errichten und damit die „liberale Demokratie“ ad absurdum zu führen.
Der deutsche Bundesgerichtshof schickt Kriegsdienstverweigerer aus der Ukraine zurück in den Tod mit dem Argument: „Die Kriegsdienstverweigerung ist kein Auslieferungshindernis, wenn der betreffende Staat völkerrechtswidrig mit Waffengewalt angegriffen wird und der Betroffene deshalb mit der Einziehung zum Militärdienst rechnen muss.“
Brecht weiter: „Der dort ruhig über die Straße geht ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde die in Not sind?“
Wo sind die Massen, die vor wenigen Tagen meinten die Demokratie schützen zu müssen, in diesen Vorkriegszeiten? 1983 hatten 350.000 in Bonn und 70.000 in Wien gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstriert.
Wo sind die honorige Ex-Politiker wie Heinz Fischer und Franz Fischler, Heide Schmid und Rudi Anschober und andere, die vor wenigen Tagen an diesem Ort gegen eine Koalition von FPÖ und ÖVP protestiert haben, wenn es um Frieden und Neutralität geht?
Das Mahnmal von Alfred Hrdlicka zeigt mit der Skulptur des „Straße waschenden Juden“ den Beginn des Weges in Faschismus und Krieg.
Dies bedeutete letztlich industriellen Massenmord an Juden, Roma und Sinti, Homosexuellen und politischen Gegnern.
Dies bedeutete weiters rund 70 Millionen Tote im 2. Weltkrieg.
Die Ouvertüre dafür war der „Austro-Faschismus“ des Dollfuss-Regimes in Österreich und der kurze Kampf zwischen der Heimwehr und des Bundesheeres gegen Teile des Schutzbundes in den Tagen vom 12. bis zum 15. Februar 1934. Mit Kanonen wurde auf Gemeidebauten geschossen; es gab Tote und Verletzte.
In Erinnerung daran stehen wir heute hier. Denn auch wenn sich die Geschichte nicht 1:1 wiederholt, so erkennen wir doch: Wir sind auf dem Weg in finstere Zeiten.
Daher bekennen wir: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Und wir hoffen mit Brecht: „Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.“