Soll man und kann man die Gewaltenteilung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive noch ernst nehmen, fragte sich wohl kürzlich die Wiener Polizei bei der Anhaltung von Andreas Schütz (Obmann Solidarwerkstatt).
Am 26. Oktober 2024 (Nationalfeiertag) veranstaltet das Bündnis „Stimmen für Neutralität“ und die Solidarwerkstatt eine Kundgebung und Demonstration zum „Denkmal der Republik“ neben dem österreichischen Parlament. Der Inhalt der Kundgebung ist einfach umschrieben „Für Neutralität und Frieden“. Diesem Motto sind auch viele palästina-solidarische Menschen gefolgt, welche auch die Atmosphäre dieser Veranstaltung mit prägten.
Schon zu Anfang der ersten Reden kam es zu einer Konfrontation mit der Polizei, welche reklamierte, dass ein Banner mit der Aufschrift „From the river to the sea, all people will be free“ entfernt werden sollte. Auch nachdem die verantwortlichen Polizeibeamten darauf hingewiesen wurden, dass dieses Transparent von der Linzer Polizei bei der letzten Kundgebung als unbedenklich betrachtet wurde, ließen sie nicht davon ab das Transparent entfernen zu wollen. Nachdem sich Andreas Schütz weigerte dem nachzukommen, wurde er kurzer Hand von den Polizisten verhaftet und zur Identitätsfeststellung entfernt.
Andreas Schütz: "Auf Nachfrage, weshalb ich mich ausweisen muss und welches Vergehen vorliege, erhielt ich keine plausible Antwort. Nachdem ich mich nicht unmittelbar auswies, hieß es, ich wäre "verhaftet" und innerhalb kürzester Zeit wurde ich zwangsweise hinter das Polizeiauto geschubst und gezerrt. Ich sagte noch, dass ich meinen Reisepass eingesteckt habe und die handelnden Beamten ihn sehen dürften, doch bekam keine Gelegenheit mehr, ihn selbst herauszunehmen. Es hätte viele gelindere Mittel gegeben, mich direkt oder anwesenden Teilnehmer:innen nach meiner Identität zu fragen, die angeblich so dringend gebraucht würde. Tatsächlich war ich außerdem Anmelder der vorhergehenden Kundgebung, der Wiener Landespolizei also ohnehin bekannt. Offenbar ging es darum, ein Exempel zu statuieren und einmal mehr auch die politische Weisung, Kundgebungen im Rahmen der Palästinasolidarität rigide zu behandeln, umzusetzen.“
Hier eine Aufzeichnung der Festnahme.
Nach kurzer Zeit wurde Andreas Schütz wieder frei gelassen aber das Transparent wurde ohne weitere Begründung konfisziert.
Was man gemeinhin nur von Polizeistaaten kennt, wird von der Wiener Polizei mit einer Selbstverständlichkeit praktiziert und gehandhabt. Nicht nur, dass die Exekutivorgane am Ende ohne jegliche Rechtsgrundlage die Rede- und Meinungsfreiheit verhindern und somit entgegen der Verfassung agieren, sie nehmen sich auch noch Anmaßung heraus, etwas zu verbieten was bisher noch keinen Straftatbestand erfüllt: „From the river to the sea, all people will be free“. Was soll man von diesen Exekutivorganen halten, wenn sie sich anmaßen, Legislative, Exekutive und Judikative gleichzeitig zu spielen und die Menschen Österreichs in ihren verfassungsverbrieften Freiheiten einzuschränken und sie sogar strafrechtlich zu bedrohen?
Dieser maßlosen Selbstermächtigung durch die Polizei geht ein geheimer Erlass des Justizministerium voran, welcher die Staatsanwaltschaften und die Exekutive anweist jegliche Solidarität mit Palästina zu kriminalisieren und im Besonderen die etablierte Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ zu verbieten. So heißt es in diesem Erlass „Die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free” stellt „die Existenz Israels in seinem jetzigen Ausmaß in Frage“. Das bedeutet kurzum im Sinne des Justizministeriums, dass Kritik am völkermörderischen und bestialischen Ausmerzen der Palästinenser durch Israel nicht toleriert und verboten wird. Das heißt auch in weiterer Folge, dass das Urteil des obersten Gerichtshof der Welt (internationale Strafgerichtshof) „Israel begehe Völkermord“ in Österreich nicht anerkannt und negiert wird.
Ein derartiges Vorgehen und derartige Methoden erinnern geschichtsbeflissene Menschen an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte und ermahnen uns als außerparlamentarische Opposition für die Rechte und Freiheiten, wie sie in unserer Verfassung verbrieft sind, einzutreten und sie zu verteidigen. Genau dieses Erbe der 2. Republik verteidigen wir, in dem wir die Verfassung gegen Totalitarismus, Diktatur und Unrecht in Anspruch zu nehmen versuchen.