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Demo für „Frieden – Freiheit – Neutralität“ untersagt

Ein demokratiepolitisch höchst bedenkliches Versammlungsverbot

Am 28.11. und damit zwei Tage vor dem Termin, wurden zwei von mehreren für diesen Tag angemeldeten Versammlungen in Wien untersagt. Verboten wurden zwei Demonstrationen für „Frieden und Neutralität“, nicht untersagt wurde hingegen eine weitere mit dem Aufruf „Rechtsruck bekämpfen“. [Mittlerweile wurde eine neuerlich angemeldete Kundgebung erlaubt. (Anm. d. Red)] Als Begründung für die Untersagung nennt die Landespolizeidirektion Wien die „Erwerbsfreiheit der Betriebe der Wiener Einkaufsstraßen und das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss“, die höher wiegen würden als jenes „des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung“.

Diese polizeiliche Untersagung birgt demokratiepolitische Sprengkraft in sich und schafft einen Präzedenzfall der Exekutive im Umgang mit Versammlungen der Opposition. Die Versammlungsfreiheit zählt wie die Rede- oder die Pressefreiheit zu den Grundrechten. Sie achten und zu wahren, zeichnet eine Demokratie aus. Sie hingegen aus fadenscheinigen Gründen zu missachten, verrät die Entfernung von ihr. 

Wie allgemein bekannt, verstößt die gegenwärtige Regierung gegen die österreichische Verfassung, in dem sie sich nicht an das Neutralitätsgebot hält und sowohl die Natokriegspartei unterstützt (laufende Genehmigung von Militärtransporten durch Österreich, Beteiligung Österreichs am Militärbündnis Skyshield u.a.m.) als auch mehrfach gegen einen Waffenstillstand in Gaza abgestimmt hat. Daher ist eine Demonstration für das Ziel „Frieden und Neutralität“ der Opposition zur Regierung zuzurechnen. Ein Aufruf wie jener der nicht untersagten Demonstration „Rechtsruck bekämpfen“ unterstützt hingegen den Kurs der Regierenden, die alles dafür tun, um die aus den Wahlen als stimmenstärkste Partei hervorgegangene FPÖ nicht in die Regierung einzubinden. Dazu zählt offenbar auch, eine Versammlung jener Menschen zu verhindern, die mit dem Kriegs- und Antineutralitätskurs der Regierung nicht einverstanden sind. Aus allen Kriegen geht stets ein Gewinner hervor – der militärisch-industrielle-finanzielle Komplex. Wer Krieg und Aufrüstung befürwortet, ist politisch rechts. Eine Versammlung, die den „Rechtsruck bekämpfen“ möchte und dabei blind ist gegenüber der rechten Politik der Regierung, zählt nicht zur Opposition.

Das festzustellen bedeutet keineswegs, irgendeine politische Partei oder nicht-demokratische Strömungen zu unterstützen. Vielmehr geht es darum, dass Demokratie immer die Freiheit der Andersdenkenden ist, wie Rosa Luxemburg zutreffend feststellte. Und die muss verteidigt werden, zumal in der Frage von Frieden und Neutralität. 

Wie sieht es aber mit der Begründung der Untersagung aus? Es ist unbestritten, dass ökonomische Interessen Einzelner das verfassungsmäßig garantierte Versammlungsrecht Aller nicht infrage stellen dürfen. Gemäß einer Aussendung vom 11. Dezember 2022 hielt die Landespolizeidirektion Wien selbst das Versammlungsrecht vor knapp zwei Jahren noch für ein so hohes Gut, dass es nicht einfach eingeschränkt werden könne, „nur weil Einkaufssamstag ist“. Der unbeeinträchtigte Verkehrsfluss der Allgemeinheit könnte maximal eine Änderung des Standortes einer Versammlung bedingen, nicht jedoch ihre Untersagung. Dieses Argument steht jedoch auch deshalb auf sehr schwachen Beinen, weil die Gegendemonstration selbst an einem Verkehrsknotenpunkt in Wien, dem Schwarzenbergplatz, stattfinden wird und nicht untersagt wurde. 

Dargelegt ist, dass mit der Verhinderung dieser Versammlungen auch ein Versuch der Verhinderung von Opposition vorliegt. Dargelegt ist, dass dieser Eingriff der Exekutive einen Präzedenzfall darstellt. Daher sollten alle, die sich ein Leben in einer Demokratie wünschen, dagegen aufstehen und protestieren.